Wie der Autor – so die Figur

In einem Buch, das ich gerade gelesen habe, fährt die Protagonistin nach 15 Jahren wieder zurück in ihre alte Heimat. Die Stadt, die sie damals verlassen hatte, sieht anders aus: Aber sie findet sich grundsätzlich zurecht und vermisst `abblätternde Farbe´ und `verwahrloste Vorgärten´. Ich wundere mich und bewundere sie ob ihrer besonderen Erinnerungsgabe.

Bezüglich des Orientierungssinns spielt mein Mann in einer anderen Liga als ich, aber auch ich bin unterwegs nicht völlig verloren. Dennoch frage ich mich bisweilen: Hier soll ich schon einmal gewesen sein? Und bei Straßennamen bin ich sowieso raus.

Vor einigen Jahren besuchten wir alte Freunde von mir in Freising. 20 Jahre zuvor hatte ich dort vier Jahre lang studiert, gewohnt und mich gut ausgekannt. Jetzt war mir alles fremd:
der Markt, auf dem ich verkauft hatte – mindestens verkehrt herum positioniert;
der Weg zu meiner Studentenbude außerhalb – von Umgehungsstraßen durchkreuzt und ohne Navi oder Karte nicht zu finden;
die Stadt an sich – irgendwie ganz anders und fremd.

Vielleicht gehöre ich zu den fünf Prozent der Bevölkerung, die sich nur vage und lückenhaft an Orte erinnern. Vielleicht geht es aber auch mehr Menschen so wie mir, zumal gerade Städte sich heutzutage schnell verändern. Eins ist sicher: Eine Heimkehrerin aus meiner Feder würde sich nach 15 Jahren nie und nimmer zurechtfinden – von abblätternder Farbe oder verwahrlosten Vorgärten ganz zu schweigen.

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