Unmittelbar oder aus sicherer Entfernung

Für den stehenden Fußgänger an der Ampel sind vorbeifahrende Autos blitzschnell – bei Tempo 70 sowieso, aber auch in 50er Zonen.
In wenigen hundert Metern Höhe fliegt ein Sport-Flugzeug; es ist flott unterwegs (200 bis 300 Stundenkilometer).
Jumbojets, zehn Kilometer über uns, sehen aus, als zögen sie gemächlich ihre Bahn. Von wegen: Mit fast 1.000 km/h sind sie schneller als alles, was wir im Straßenverkehr beobachten könnten.

Je weiter etwas entfernt ist, desto langsamer scheint es sich zu bewegen. Allein der räumliche Abstand sorgt dafür, dass wir die Realität verändert wahrnehmen.

Ich glaube, das gilt ebenso für Situationen, die wir zeitlich oder emotional distanziert betrachten: Sie selbst ändern sich nicht; aber nach einiger Zeit und rational betrachtet wirken sie manchmal vielleicht weniger eindrücklich. Nicht zu vermitteln (und schwer noch einmal oder nachzuempfinden) ist zum Beispiel das Gefühl, wenn ein Kind geboren wird oder ein lieber Mensch stirbt. Freude und Leid spüren wir unmittelbar am intensivsten, aus sicherer Entfernung nur noch abgeschwächt.

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