Störgeräusche

In unserer Nachbarschaft arbeiten Dachdecker; auf der Baustelle läuft laut das Radio: „Bei Ihnen geht’s ja schwungvoll zu“, sage ich im Vorbeigehen zu einem älteren Kollegen, der im Auto Frühstückspause macht. „Viel zu laut“, sagt er, „mich nervt das, aber den Kollegen gefällt´s.“ Er tut mir leid – ich empfinde dauerhafte Beschallung auch als störend.

Ich kann ja verstehen, dass absolute Stille für manche schwer auszuhalten ist – man hört dann buchstäblich jeden Pups. Aber hier draußen gibt es genug Geräusche gegen eventuell peinliche Momente: Vögelzwitschern, Blätterrauschen, gelegentlich ein vorbeifahrendes Auto, Kindergeschrei – so Töne halt, die nicht stören beim Stillsein, Denken und Konzentrieren.

Stört mich doch!

Ich hätte nicht `Stört mich nicht!´ sagen sollen – weiß aber, dass es müßig ist, darüber nachzudenken. Passiert ist passiert: Ich hatte nichts gegen ein Loch vor unserer nicht benutzten Einfahrt. Deswegen bearbeitet ein Mann den Asphalt vor unserer Tür mit seinem Bohrhammer – schon den zweiten Tag und mittlerweile für Loch Nummer 2. Er macht dabei einen enormen Lärm. Ich nehme an, der Nachbar lässt irgendwelche Leitungen neu verlegen. Beide Löcher stören uns nicht beim Ausparken; ich kann also nichts dagegen haben. Hätte ich gewusst, wie sehr mich der Lärm beim Zuhause-Sein stört: Mein `Stört mich nicht!´ wäre mir wahrscheinlich nicht so leichtfertig über die Lippen gerutscht. Hinterher ist man immer klüger – und in diesem Fall tatsächlich auch etwas gestört.

Gestört

Ich sitze auf dem Sofa, lese in meiner Bibel, bete und denke nach. Ein Sohn ist krank und kommt runter. Er setzt sich neben mich und erzählt mir kurz, wie es ihm geht. Als er aufsteht, sagt er: „Ich geh`wieder, entschuldige, dass ich dich gestört habe.“ „Alles gut“, sage ich, „du hast mich nicht gestört.“ Ich lese, bete und denke weiter.

Später fällt mir unser Gespräch wieder ein und ich frage mich: Hat mein Sohn mich gestört? Was er mir erzählte, war nicht besonders wichtig; was ich gerade las, betete und dachte, war nicht unwichtig. Er hat mich unterbrochen, ja; gestört hat er mich nicht.