Phasenweise grüß-bar

Manche Menschen lassen sich einfach nicht grüßen; ich weiß nicht, woran es liegt. Wir kennen und er-kennen uns, aber sie grüßen einfach nicht zurück. Da sind zum einen ein paar ältere Leute aus der Nachbarschaft, die ernst und unzufrieden wegschauen: zumindest, wenn ich ihnen begegne. Die andere Gruppe der nicht Grüßenden bilden Teenagern, die ich über meine Kinder kenne. Als sie noch jünger waren, sagten sie höflich `Guten Tag´ – wahrscheinlich auf Hinweis ihrer Eltern. Sind sie zunehmend allein unterwegs, schauen sie geflissentlich an mir vorbei oder tun so, als würden sie mich nicht kennen. Erfahrungsgemäß wächst sich das aus; trotzdem finde ich es irgendwie blöd. Ich hoffe, dass meine Kinder die eine Phase übersprungen haben – und ich in die andere nicht hineinrutsche.

Vom Grüßen

Von zu Hause aus sind wir es gewohnt, Menschen zu grüßen, denen wir beim Spazierengehen begegnen: Fast alle grüßen zurück. Im Urlaub gelten andere Gesetze – erschreckend häufig ernten wir Stille. Zunächst wollen wir aufgeben, entscheiden uns dann aber, uns treu zu bleiben und unsere freundlichen `Hallo´ weiter großzügig zu verteilen. Nach einer Weile stellen wir fest: Die Urlauber mit sächsischem (oder auch badischem) Dialekt sind die freundlichsten. Auf Platz zwei landen Familien, dicht gefolgt von Leuten mit Hund im Fahrradanhänger. Am stoffeligsten sind ältere Ehepaare: als bräuchten sie Urlaub auch vom Grüßen.

Vom Grüßen

In manchen Geschäften in der Innenstadt ist die verbale Nähe zum Kunden offenbar oberstes Gebot: Egal, dass die Verkäuferinnen meine Töchter sein könnten – ich werde geduzt. Manchmal frage ich mich, ob dieselben jungen Frauen auch in anderem Kontext alternativlos zum DU greifen würden: Wie begrüßen sie solch mittelalte Damen wie mich auf der Straße oder an deren Arbeitsplatz – in der Arztpraxis, im Rathaus, an der Supermarkt-Kasse, beim Elternabend …? Ich mag altmodisch sein, aber für mich gilt noch immer: Wenn ich jemanden nicht überall duzen würde, sollte ich es auch nicht bei einem potentiellen Verkaufsgespräch tun. Firmenphilosphie hin oder her – schließlich sehen Kundin und Verkäuferin sich gerade zum ersten oder maximal zweiten Mal.

Auf der anderen Seite wohnen Leute in meiner näheren Siedlung, denen ich fast täglich beim Spaziergang zuwinke oder zunicke. Wenn sie mich im Supermarkt nicht zu registrieren scheinen, bin ich verwirrt: Empfinde nur ich es als höflich, sich zu grüßen, wenn man sich schon x-mal gesehen hat?