Schade

Zu Weihnachten bekam ich ein Buch, das ich mir gewünscht hatte. Es enthält kurze Texte zu verschiedenen Themen. Geschrieben hat es ein Journalist und Autor, dessen Kommentare ich gern in unserer Tageszeitung lese. Diese Kolumnen sind jedesmal schlau geschrieben, kurz und aus einer interessanten Perspektive heraus formuliert. Vor ein paar Tagen fing ich mit dem Buch an – und war enttäuscht: Seine Kolumnen gefallen mir besser! Die kleinen „Anekdoten“ (in diesem Buch zumindest) sind längst nicht so gescheit geschrieben, nicht prägnant genug, erschreckend leseunfreundlich strukturiert, thematisch zu ausufernd und (für mich) nur mäßig interessant. Beim Lesen dachte ich: Es klingt, als hätte der Autor sich keine Mühe gemacht, geduldig die wesentliche Aussage herauszuarbeiten und den Texten dadurch seine besondere „Schreibe“ zu verleihen. Schade.

Gleich wieder vergessen

Kürzlich habe ich gelesen, dass einer meiner Lieblingsautoren ein neues Buch geschrieben hat. Es ist schon fertig, aber es wird erst im September erscheinen. Wer will, kann es schon heute vorbestellen. Neben einer diebischen Vorfreude auf das Buch selbst habe ich noch ganz andere Gedanken: „Häh? Wird an der Zahl der Vorbestellungen festgemacht, wieviele Exemplare gedruckt werden? Warum sollte ich mir jetzt schon eins sichern? Wenn ich das neue Buch bis September vergessen haben sollte, ist es mir nicht wichtig genug. Außerdem gibt es im Sommer sicher noch jede Menge Werbung und somit Erinnerung für mich.“

Heute macht die Ankündigung mich jedenfalls höchstens ungeduldig – sieben Monate warten. Ich hoffe, ich vergesse sie noch einmal für genau sieben Monate. Dann muss ich nur noch abwarten, bis aus dem Hardcover ein Taschenbuch wird…

Mehr als ein Buch

Ich habe ein Buch verschenkt, das ich sehr lesenswert fand. Nein, falsch. Mir fällt kaum ein Buch ein, das mich derart bewegt hat. Eine Biographie: schonungslos ehrlich, nicht nach Mitleid heischend, erschütternd, ermutigend war sie und hat mich berührt, herausgefordert, beeindruckt. Derjenige, dem ich es geschenkt habe, fand es „ganz gut“. Seiner Meinung nach gefiel sich der Autobiograph zu sehr selbst.

„Wie bitte?“, denke ich, „ganz gut? Sprechen wir über dasselbe Buch?“ Er hat es anders verstanden als ich – und das enttäuscht mich sehr. Sofort tut mir der Autor leid. Dessen Ehrlichkeit wurde nicht wertgeschätzt, sondern sogar als Eitelkeit interpretiert. Kann es sein, dass ich es war, die etwas missverstanden hat?

Mein Verstand weiß: Es gibt immer Menschen, die etwas mögen, und andere, die dasselbe nicht mögen. Liest man Buchrezensionen, dann merkt man schnell, dass gerade Literatur Geschmacksache ist. Soll doch jeder lesen, was ihn anspricht.

Mein Herz wünscht ich es sich anders: Menschen, die mir etwas bedeuten, sollen bitte meine Begeisterung teilen können. Zumindest für solche Bücher oder wenigstens für dieses Buch – und für den Mut des ehrlichen Menschen, der es geschrieben hat. Dann fühlte auch ich mich von ihnen verstanden…