Unser Wirtschaftsminister beklagt, dass junge Menschen keine Kinder mehr bekommen wollen. Er könne es aber verstehen – die Angst vor dem Klimawandel sei schuld. Ich glaube, dass Robert Habeck das vollkommen ernst meint und seine Sichtweise in sich stimmig ist. Dennoch finde ich sein Bedauern zumindest ein bisschen verlogen: Diese Angst vor den todsicheren Folgen des Klimawandels wird vor allem von seiner Partei geschürt.
Wohin sie führen kann, las ich kürzlich in einem Leserbrief: „Eines der klimaschädlichsten Dinge, die Mann oder Frau tun können, ist es, Kinder zu bekommen. Wir brauchen nicht mehr, sondern weniger Kinder. Es gibt wohl genug Menschen auf dieser Welt, die gerne zum Arbeiten und Leben zu uns kommen würden.“ Natürlich stimmt die Aussage so nicht: Kinder sind nicht per se klimaschädlich. Und dass `genug Menschen´ Schlange stehen, um unsere Zukunft zu sichern, glaubt die Verfasserin der Zeilen wahrscheinlich selbst nicht. Als wären Menschen beliebig um- und anzusiedeln, um bei uns in Deutschland zu arbeiten – und Heimat, soziales Umfeld und kulturelle Unterschiede spielten keine Rolle. Aber ich halte die Sicht der Leserin nicht nur für falsch, sondern auch für kurzsichtig und naiv – freundlich ausgedrückt: Zu welchen Problemen eine verordnete Geburtenreduzierung langfristig führen kann, erleben gerade die Chinesen.
Natürlich kann Robert Habeck nichts dafür, dass Menschen so undifferenzierte Dinge raushauen. Er selbst sollte es allerdings nicht tun! Denn Klimaschutz wird nicht dadurch möglich, dass wir unseren Energiebedarf allein durch Wind, Wasser und Sonne decken und mit E-Autos durch die Gegend fahren. Auch die erneuerbaren Energien sind weder alternativlos noch nebenwirkungsfrei – und vor allem nicht umsonst zu haben. (Strom kommt nur für den aus der Steckdose, der sich über größere Zusammenhänge keine Gedanken macht.) Der Klimawandel ist ein hoch komplexes Thema, dasselbe gilt für den Klimaschutz: Selbst Experten kennen immer nur einen Teilaspekt, erst viele verschiedene Sichtweisen ergeben das große Ganze.
Ich wünschte mir, dass Politiker verantwortlich genug wären, sich zurückzuhalten mit einfachen und radikalen `Wenn – dann – Aussagen´. Vor allem sollten sie offen sein: für die Angst der Klimaaktivisten ebenso wie für Wissenschaftler, die in der Erderwärmung nicht die größte Katastrophe sehen, die möglichst schnell verhindert werden muss und kann. Auch die Interessen der Industrie spielen eine Rolle sowie die finanziellen Möglichkeiten von Otto-Normalverbraucher. Politiker müssen besonnene und umsetzbare Entscheidungen treffen. Angst ist dabei kein guter Ratgeber. Wer ängstlich ist, denkt zu wenig über die Folgen seines Tuns nach und verfällt in Aktivismus. Und das ist wahrscheinlich genau der Grund, warum wir in einer Situation sind, die manche jetzt um jeden Preis und sofort verändern wollen.
Lars Bengtsson, ein Klimaforscher mit einem differenzierten Blick, schlägt etwas anderes vor, als sich von Angst beherrschen zu lassen: Junge Menschen sollten sich lieber intensiv mit dem Klimasystem beschäftigen. Denn Wissen ist seiner Meinung nach das beste Medikament gegen `Klimaangst´. Er hat Recht, denke ich: So viel Zeit muss sein. Wir sollten sie uns nehmen und aufhören, auf die schnelle Lösung zu drängen – zumal für ein Problem, das mehr Facetten hat, als man in einen Leserbrief (oder auf ein Pappschild) schreiben kann.