Zeit ist Geld!

Abends im Supermarkt: Ich brauche unbedingt Filtertüten für den Kaffee am nächsten Tag. Meine bevorzugte Sorte kostet 0,69 pro Packung, ist aber nicht vorrätig. Die Alternative kostet fast viermal so viel: 2,69€. Ich denke an unseren Kaffee, nehme eine Packung der teuren Filtertüten mit und gehe weiter zur Gefriertruhe. Auf dem Weg treffe ich eine Bekannte, die ich sehr selten sehe; wir sprechen kurz. Fünf Minuten später auf dem Weg zur Kasse passiere ich das Kaffee-Regal. Ein junger Mann füllt es auf: Kaffee, Cappuccino – meine Filtertüten sind auch dabei. Ich tausche das besonders exklusive Markenprodukt wieder aus und freue mich: Zeit ist Geld!

Nochmal recyceln oder – schon da!

Wir haben immer zwei Möglichkeiten: Wir können etwas Altes weiter benutzen (und vielleicht dafür `aufhübschen´) oder es durch etwas Neues ersetzen. Manchmal lässt sich das ohnehin nicht vermeiden – wenn etwas irreparabel ist, nicht mehr kompatibel oder einfach aus der Zeit gefallen. Aber grundsätzlich gilt, dass all das, was ich weiter benutze, die vorhandenen Ressourcen schont – seien es nun Tiere, Stahl (Autos), seltene Metalle (Mobiltelefone), Zement (Hausbau) oder auch schon existierende Kraftwerke …

Das heißt nicht, dass etwas Altes immer besser ist als etwas Neues: Wenn es zum Beispiel zu kostspielig ist, Altes zu erhalten, kann ein Neuerwerb die günstigere Alternative sein. Nur muss man in dem Fall die Entsorgung des Alten mit einrechnen. Das Alte ist schon da – es nicht mehr zu benutzen hat auch einen Preis (nicht nur finanziell).

Erwartungen

Den Erwartungen anderer kann man entsprechen oder nicht. Ich persönlich übe mich noch immer darin, mich von den (tatsächlichen oder vermeintlichen) Erwartungen anderer frei zu machen. Meine Kinder ermutige ich dazu, das ebenso zu tun. Ob sie meinem Rat folgen oder nicht, bleibt ihre Entscheidung. Sollten sie auf mich hören, würden sie folglich in Zukunft immer seltener das tun, was ich von ihnen erwarte. Ich hoffe, ich kann praktisch damit ebenso gut leben, wie ich es mir theoretisch vorstelle. Es hilft sicherlich, wenn ich mich dafür jetzt schon von meinen Erwartungen an andere befreie.

Wer die Wahl hat … 

Wir können wählen. Aber nicht viele tun es – wie die geringe Wahlbeteiligung der Niedersachsen bei der vergangenen Landtagswahl zeigt. Dennoch: Theoretisch können wir wählen, wer uns regieren soll. In Gesprächen über Politik merke ich, dass Menschen, die sich gut verstehen, zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen kommen, von wem und wie sie regiert werden möchten. Eine solche Wahl ist eben sehr subjektiv und enorm davon abhängig, in welcher Lebensrealität man sich befindet: Eltern sind sicherlich stärker an Schulpolitik interessiert als Menschen ohne Kinder. Leute mit Solaranlagen auf dem Dach, unterstützen diejenigen, die erneuerbare Energien fördern. Junge Unternehmer wünschen sich für ihre Arbeit und Innovation den größtmöglichen persönlichen Freiraum. Und so weiter.

Die meisten Menschen sind vorwiegend an ihren persönlichen Anliegen interessiert – und denken erst danach an das Wohl der Gesellschaft. An sich wäre das kein Problem, frei nach dem Motto: `Wenn jeder an sich denkt, ist an jeden gedacht!´ Das funktioniert, wenn nach der Wahl eine gute Mischung aller Interessen in der Regierung vertreten ist. Was aber, wenn 40 Prozent der Menschen gar nicht erst wählen gehen? Dann ist das Wahlergebnis nicht repräsentativ – und das ist nicht nur schade, sondern problematisch. Verantwortlich dafür sind zum einen die Leute selbst, klar: die bequemen oder ignoranten Nichtwähler. Andererseits empfinde auch ich eine gewisse Distanz zwischen politischen Beschlüssen und meiner Lebensrealität – egal, auf welche Partei ich höre. `Wer die Wahl hat, hat die Qual´, heißt es. Wer sich von keiner Partei wirklich vertreten fühlt, quält sich dafür vielleicht nicht ins Wahllokal.

Tierschutz, was sonst?

In einem Bericht über Daunenfedern und deren schier unübertreffbare Isolationswirkung lese ich folgenden Satz: „Recycelte Daunen tragen nicht zum Tierschutz bei.“ Er stammt von einer Tierschützerin – natürlich – und zielt darauf ab, dass der Ursprung dieser wiederverwendeten Daunen dann schwerer nachzuvollziehen ist. Der Endverbraucher könne dann nicht mehr sicher sein, dass die Daunen in seinem Kleidungsstück nicht doch von lebendig gerupften Tieren stammen.

Zwar finde ich es gut, dass wir in Deutschland auf das Tierwohl achten – und hier niemand den Tieren bei lebendigem Leib die Daunen vom Körper rupft. Andererseits halte ich ein recyceltes Produkt in jedem Fall für nachhaltiger als ein nicht recyceltes: Wenn ich etwas weiterverwende, was schon da ist, brauche ich nichts Neues zu erwerben. Ein altes Kleidungsstück mit recycelten Daunen – wo auch immer sie ursprünglich herkamen – erspart einem weiteren Tier, seine Federn lassen zu müssen. Für mich ist das Tierschutz; aber vielleicht bin ich da zu pragmatisch und verstehe die komplexen Zusammenhänge nicht. Kann sein.

Zuhause

Eine Freundin von mir wohnt seit einiger Zeit in England – nach fast 20 hier in Celle. Der Ort, in dem sie jetzt wohnt, ist erst seit einem Jahr ihr Zuhause; sie hat noch kein starkes soziales Netz. Vor ein paar Wochen besuchte sie uns und andere alte Freunde hier. Danach fühlte sie sich in England vergleichsweise einsam. Ich kann das verstehen, obwohl auch mein Freundeskreis in Celle keine riesigen Ausmaße hat. Trotzdem bin ich schon 25 Jahre hier zu Hause und habe Freunde und Bekannte – und außerdem dieses ganz besondere Gefühl von Vertrautheit: Für unsere Nachbarn gehören wir hierher, mit einem Ehepaar teilen wir sogar ein Zeitungs-Abo. Im Supermarkt kenne ich die meisten der Angestellten und oft auch einige Kunden. Und wenn ich in der Zeitung die Platzierungen nach einem Lauf-Event studiere, staune ich, wie viele der Namen mir vertraut sind.

Vom Meckern

Ist es wirklich typisch für uns Deutsche, viel zu meckern? Meckern andere Völker tatsächlich weniger? Und: Ist es besser, nicht laut zu meckern und aber hinter vorgehaltener Hand ständig sauer zu sein? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall existiert wie immer eine ausgewogene Mitte oder viele gute Ansätze. Nur treffen wir die mit undifferenzierter Schimpfe und Kritik höchst selten. Dieses generelle Gemeckere an allem und jedem ist tatsächlich wenig hilfreich – und übersieht oft den Balken im eigenen Auge. Welchen Balken? Genau!

Leider ist das verbale Miteinander auf der höchsten politischen Ebene unseres Landes inzwischen sehr aggressiv – und taugt nicht als Vorbild. Wenn wir Politiker zuhören, müssen wir uns nicht wundern müssen, dass Kritik per se als demütigend und die Person ablehnend empfunden wird. Dabei macht der Ton die Musik! Die Welt ist nicht schwarz-weiß, und zwischen meckern und loben liegen viele Grautöne: zum Beispiel konstruktive, ehrliche und den anderen wertschätzende Kritik. Aber die erfordert ein Mindestmaß an Respekt und die Bereitschaft, ausgewogen und differenziert miteinander zu kommunizieren. Meckern ist leichter.

Gute Nacht John Boy!

Ich besuche zwei Freundinnen; wir essen Zwiebelkuchen und trinken Federweißer. Anschließend radele ich am Abend wieder zurück nach Hause – und bin dort wieder nüchtern. Weil die beiden besorgt ob meiner einsamen Heimfahrt waren, schreibe ich ihnen, dass ich heil angekommen bin – und wünsche allseits eine gute Nacht. Eine von beiden antwortet: „Gute Nacht John Boy.“ Sofort denke ich an die Waltons und diese sanfte Fernseh-Serie, die heute wahrscheinlich keinen Zehnjährigen mehr vor dem Bildschirm halten würde. Und ich freue mich über Freundinnen, die durch eine simple Wort-Verknüpfung eine wohlige Erinnerung in mir auslösen.

Unterm Strich: Entschuldigung

Mit der Bahn fahre ich selten; es ist daher immer wieder ein kleines Abenteuer. Oft staune ich über die logistische Leistung, die hinter einer Bahnverbindung mit mehreren Anschluss-Zügen liegt. Derjenige, der die Fahrpläne macht, muss dafür alles Mögliche im Blick haben: Wie viele Leute wollen wann von wo nach wo? Wo treffen welche Linien aufeinander, wie verteilt man die Züge gleichmäßig auf die jeweiligen Bahnsteige, welche Umsteigezeiten sind zumutbar, wie lange wartet welcher Zug auf den nächsten? Welche Alternativ-Verbindungen kann jemand wählen, der eventuell seinen Anschlusszug verpasst? All das geschieht, bevor ich mich auf den Weg mache.

Am Reisetag selbst grenzt es an ein Wunder, dass Leute in der Zentrale eines Bahnhofes die Übersicht behalten. Es ist ein Full-time-Job, alles Nötige so zu kommunizieren, dass jeder Reisend Bescheid weiß. Entsprechend häufig sind Bahnhofsdurchsagen: Zwar versteht man meistens nur die Hälfte, weil durchfahrende Züge, laute Mitreisende oder die Lautsprecher-Geräusche von anderen Bahngleisen die Hörqualität beeinträchtigen. Dennoch ertönen regelmäßig und mehrfach Ansagen zum `baldigen´ oder auch `sofortigen´ Eintreffen eines bestimmten Zuges. Ist dieser zu spät, wird ein Grund angegeben: vorausfahrender anderer Zug, Gleisarbeiten, Änderungen im Fahrplan, Verzögerungen im Vorfeld … Abschließend entschuldigt sich der jeweilige Sprecher für die Unannehmlichkeiten, die den Reisenden dadurch entstehen. Dieser letzte Teil ist der einzige, der auf meiner letzten Bahnreise auch ins Englische übersetzt wurde. Nach jeder – ziemlich ausführlichen – deutschen Erklärung des auftretenden Problems kam: „We are sorry for any inconveniences.“ Ich musste jedesmal schmunzeln: Auf meiner Reise verursachten zwei von drei Zügen Unannehmlichkeiten – die Entschuldigungen häuften sich.

Ich stellte mir vor, ich spräche kein Deutsch. Glücklicherweise sind die Anzeigetafeln in Deutschland gut lesbar und – meist – auf dem aktuellen Stand. Denn von dem Gesagten bekäme ich nichts mit. Alles, was ich verstehen würde, wäre die fortwährende Entschuldigung für `any inconveniences´.

Ein Gesetz

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist umstritten. Egal was man davon hält, fest steht: Sie ist nur äußerst schwer umzusetzen und verschärft den Mangel an Pflegekräften – ohne Not. Daher nutzen manche Bundesländer die Regelung nicht und lassen Mitarbeiter der Pflege auch ohne vollständigen Impfstatus weiter mitarbeiten.

Dieses Verhalten trifft auf große Erleichterung bei den betroffenen Personen und deren Arbeitgebern. Andere kritisieren, dass eine solch offensichtliche Unterwanderung eines Bundes-Gesetzes ein schlechtes Beispiel ist für die grundsätzliche Akzeptanz von Vorschriften. Beide Positionen haben ihre Berechtigung, das ist ein Dilemma.

Die eine Sichtweise hat das Gesetz im Blick: Ein Gesetz ist dazu da, dass es befolgt wird. Wir Deutschen sind gut darin, Regeln nicht zu hinterfragen, sondern uns regelkonform zu verhalten. Es könnte das Vertrauen in den Rechtsstaat schwächen, Gesetze anzuzweifeln und mit Ansage zu ignorieren.

Andererseits: Ein Gesetz, das niemandem messbar hilft und manchen klar schadet, ist keine gute Idee. Es zeugt von Größe und der Bereitschaft, verantwortlich zu handeln, wenn man ein solches Gesetz nicht umsetzt. Wer das tut, hat die Menschen im Blick. Langfristig stärkt man dadurch ihr Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit unseres Landes. Blinder Gehorsam ist selten die beste Alternative.