Was man sagt und was man vermittelt, ist nicht immer identisch. Worte transportieren zwar Informationen, aber diese müssen mit dem Tun im Einklang sein – sonst klingen sie hohl und sollten besser ungesagt bleiben. Zum x-ten Mal zu hören „Es tut mir leid“ bleibt solange unglaubwürdig, wie sich am Verhalten nichts ändert. „Ich helfe dir!“ braucht die Tat. „Ich habe dich lieb“ stimmt nur, solange man ansonsten nicht nach Strich und Faden hintergangen, angelogen oder beschimpft wird. Ganz abgesehen davon, dass man ´lieb haben` auch fühlen muss.
Teuer? Eine Frage der Perspektive
Unser
Auto (das mit den Lampen) braucht einen neuen Sensor für irgendwas.
Kostenpunkt: 200 Euro.
Wir sind verärgert: Reparaturen am Auto
sind schnell sehr teuer.
Als wir den Wagen abholen, erfahren wir, dass der defekte Sensor dafür gesorgt hat, dass der Rußpartikelfilter zugesetzt ist.
Wir sind entsetzt: Ein neuer Rußpartikelfilter kostet 1.400 Euro.
Eventuell besteht die Möglichkeit, den alten Rußpartikelfilter für 120 Euro regenerieren zu lassen. Wir hoffen und beten. Am Ende haben wir Glück – für 200 plus 120 Euro ist das Auto repariert.
Wir sind erfreut: Es hätten auch 200 plus 1.400 Euro sein können.
Alles eine Frage der Perspektive.
Normal? Besonders!
In einem Buch las ich einen kurzen Text über das normale Leben in einem armen Land: Ein Mädchen wird angefahren und bricht sich das Bein. Der Motorradfahrer flüchtet, eine Versicherung gibt es nicht. Schmerzmittel muss die Familie in der Apotheke selbst besorgen. Je schneller das Mädchen operiert wird, umso mehr kostet die Behandlung – also wartet die Familie ab, denn sie ist arm. Und das Mädchen leidet.
Ich dachte: Wir haben keine Ahnung, was in anderen Ländern dieser Welt normal ist und wie besonders das ist, was wir für normal halten.
Barmherziger Samariter
„Herr,
mein Wunsch ist es, dir zu gefallen.
Was ich tue, soll dein Herz
berühr´n.
Lass die Liebe, die du gabst, mich neu bewegen,
wie
du barmherzig zu sein.“
(Outbreakband, „Dein Herz berühr´n.“)
Bei uns im Gebetsraum in der Gemeinde hängt ein Bild vom Barmherzigen Samariter. Er hält den verletzten Mann im Arm und hilft ihm auf. Ich kenne die Geschichte, ich weiß, dass der Mann aus Samaria der erste (und einzige) war, der dem Verletzten half. Er versorgte seine Wunden, brachte ihn in eine Herberge, bezahlte dort für ihn und versprach, auf dem Rückweg weitere Kosten zu übernehmen.
Der Kern der Geschichte ist, dass gerade der Samariter hilft. Die Samariter hatten mit den Juden damals nicht viel zu schaffen. Oder die Juden nicht mit den Samaritern, wie man´s nimmt. Trotzdem hilft gerade der. Jesus erzählt das, um deutlich zu machen, dass unser Nächster jeder ist, der in Not ist – ob wir ihm gewogen sind oder nicht. Es geht nicht darum, ob der Nächste unsere Hilfe verdient.
Was mir darüber hinaus deutlich wurde: Letztlich motiviert hat den Samariter nicht der in Not geratene Verletzte. Was ihn getrieben hat, war auch nicht die Anerkennung, die er für seine Hilfe bekommen könnte. Wahrscheinlich wurde die Hilfeleistung sowieso von niemandem wahrgenommen. Es geht nicht darum, welchen Lohn wir durch unser Verhalten ernten.
Was ihn letztlich motivierte, war seine Beziehung zu Gott selbst. Ich glaube: Wenn unsere Motivation der Mensch ist oder die explizite Not, werden wir nicht weit kommen. Unsere innerste Natur ist eben nicht barmherzig und selbstlos, sondern auf den eigenen Vorteil bedacht. Erst wenn wir im Herzen verstanden haben und glauben können, dass Gott uns um unser selbst willen liebt – bedingungslos und grenzenlos -, werden wir mit dieser Liebe großzügig umgehen können, ohne Hintergedanken. Es geht darum, dass unsere Motivation Gott selbst ist. Erst dann haben wir bei dem, was wir tun, vor allem unseren Nächsten im Blick und nicht uns selbst.
„Herr,
mein Wunsch ist es, dir zu gefallen.
Was ich tue, soll dein Herz
berühr´n.
Lass die Liebe, die du gabst, mich neu bewegen,
wie
du barmherzig zu sein.“
Humor ist, wenn man trotzdem lacht?
Ich hatte vor kurzem eine Mail-Konversation mit meinem Pastor. Es ging um eine Aufgabe, an der ich verzweifelte. Nach einer Weile hin und her war ich frustriert und schrieb das auch. Es tat ihm leid und er antwortete: „Ich glaub, ich mach´ eine Umschulung – vom Hirten zum Demotivationstrainer.“ Meine Antwort: „Das kannst du schon!“ Beide Kommentare haben uns ein Lächeln ins Gesicht gezaubert und unsere leicht niedergedrückte Stimmung gehoben.
Lampen, die leuchten
Früher hatten wir ein Auto, das vor allem fuhr. Das Gefährt, das wir seit zweieinhalb Jahren besitzen, kann noch ein bisschen mehr, worüber ich mich sehr freue. Ich habe nichts gegen einen gewissen Komfort; ohne Komfort waren wir vorher unterwegs. Das bedeutet auch, dass ich kein grundsätzlicher Feind von Elektronik bin – manche Unterstützung in der Hinsicht möchte ich nicht mehr missen. Zentralverriegelung und elektrische Fensterheber zum Beispiel sind sehr praktisch. Ich bin jahrelang ohne diese Helferlein gefahren und weiß sie heute sehr zu schätzen. Mehr Hilfe brauche ich nicht, und mehr Hilfe bekomme ich nicht: Unser Auto ist vergleichsweise basal ausgestattet. Reicht mir, kein Problem.
Was ich nämlich nicht brauche, ist der ganze Rest an Elektronik, der an eine Menge von Kontroll-Lampen angeschlossen ist. Die machen mich ganz kirre, denn sie weisen entweder auf diffuse oder konkrete Fehler hin: Die Motorkontrollleuchte, eine andere, die aussieht wie ein Auspuff, eine in Reifenform und eine weitere, die mit dem Sicherheitssystem zu tun hat. Es gibt sicher noch mehr, aber bisher kenne ich nur die vier. Vielleicht hängen sie sogar zusammen? Ich weiß es nicht.
Man sieht die Lämpchen nur, wenn sie leuchten. Dann aber ist etwas nicht in Ordnung, dann aber „empfiehlt“ die Bedienungsanleitung, man solle umgehend in die Werkstatt fahren. Wir machen dass dann auch, aber bisher musste nur selten ein Ersatzteil ausgetauscht werden. Bisher reichte es aus, das ganze System mittels „Reset“ neu zu starten: „Es war nur eine diffuse Fehlermeldung, noch(!) besteht kein weiterer Handlungsbedarf.“ Bisher bezahlten wir einen verschmerzbaren Betrag, fuhren nach Hause – und nach einer Weile ist eine Lampe nach der anderen wieder angegangen.
Dieses wiederkehrende Aufleuchten der Lampen hat mich eingelullt. Letztens fuhr ich wieder zur Werkstatt und dachte: „Die stellen einfach alles wieder auf Null und gut.“ Letztens nicht. Letztens wurde aus einer diffusen Fehlermeldung eine konkrete – und aus verschmerzbar wurde teuer.
Jetzt sind alle Lampen wieder aus, das ist gut. Sie sind zwar noch da, aber ich sehe sie nicht. Und so mag ich sie am liebsten.
Schenken ist freiwillig
Geschenke sind kostenlos, umsonst, gratis – zumindest für den Beschenkten. Ein Geschenk erfordert keine Gegenleistung – oder?
Ich frage mich: Warum schenke ich? Will ich Freude für den anderen oder Dank für mich? Klar – man kann das eine nicht wirklich vom anderen trennen. Beides gehört zusammen, die Freude und der Dank. (Zumindest in unserer Kultur und in unseren erlernten Strukturen.) Trotzdem: Was ist mein Ziel?
Wenn ich ein Geschenk bekomme, freue und bedanke ich mich. In dem Fall wird Schenken zum Tauschgeschäft: Du schenkst, ich sage „Danke!“ – oder andersherum.
Wenn ich schenke, möchte ich keine Gegenleistung erwarten. Ich möchte schenken, um jemandem eine Freude zu machen. Das ist mein erstes Ziel. Gelingt es, freue ich mich. Alles weitere ist Zugabe: Wenn ich ein Dankeschön zurück bekomme, ist das toll.
Schenken ist freiwillig.
Mittagsstunde
Bücher begeistern aus den unterschiedlichsten Gründen. Sie können alles mögliche sein: informativ, spannend, unterhaltsam, erschütternd, anrührend – und sind hoffentlich gut geschrieben. Manche mag man gar nicht wieder weglegen, wenn man einmal angefangen hat. Ich glaube, bei vielen guten Büchern ist der Inhalt ein bisschen wichtiger als die Sprache: Wenn man fertig gelesen hat, tut es einem leid, dass die Geschichte vorbei ist.
Seltener sind die Bücher, die man vor allem deswegen nicht weglegen mag, weil sie so schön geschrieben sind. In denen ist die schöne Sprache ein bisschen wichtiger als der Inhalt. So ein Buch ist für mich „Altes Land“ von Dörte Hansen. Die Frau benutzt wunderschöne Sätze, um eine Geschichte zu erzählen. Ich habe das Buch sogar ein zweites Mal gelesen, mit Begeisterung – und das ist wirklich sehr besonders.
Im vergangenen Herbst ist Dörte Hansens zweites Buch erschienen – „Mittagsstunde“. Weil meine Schwester weiß, dass ich immer auf die Taschenbuchausgabe warte, hat sie mir das Buch einfach mal so geschenkt. Meine Erwartungen waren hoch, daher habe ich mit dem Lesebeginn ein wenig gezögert. Vor ein paar Tagen habe ich angefangen und lese „Mittagsstunde“ nun in meiner persönlichen Mittagsstunde. Die ist lang genug, um ein bisschen in Dörte Hansens schönen Formulierungen zu versinken, und kurz genug, um nicht so schnell fertig zu werden. Denn: Die Frau benutzt wieder wunderschöne Sätze, um eine Geschichte zu erzählen.
Das Eigentliche
Es muss Berufe geben, in denen man eine Sache anfängt, sich durchkämpft und dann irgendwann fertig ist. Denke ich. Mein Job als „Hausfrau und Mutter“ ist nicht von der Sorte. Im Gegenteil: Er zeichnet sich dadurch aus, dass ich eben nicht fertig werde. Und wenn doch, dann immer nur ganz kurz: Das Essen ist irgendwann gekocht – und schnell wieder gegessen; die Küche ist aufgeräumt und die Wäsche gewaschen – beides Zustände mit geringer Halbwertzeit; die Einkäufe sind erledigt – und gleich fehlt wieder etwas.
Zudem gibt es im Zusammenleben mit Kindern immerzu Phasen, in denen ich verschieben und unterbrechen muss. Vielleicht ist das Dazwischenschieben von Aufgaben und häufiges Improvisieren sogar das Eigentliche an meinem Beruf. Das Eigentliche im Sinne des unvermeidbar dazu Gehörenden und das Eigentliche im Sinne des Besonderen, das diesen Job so interessant, abwechslungsreich und herausfordernd macht.
Fasching
Am Montag ist Faschingsfeier in der Grundschule unseres jüngsten Sohnes. „Muss ich mich verkleiden, Mama?“, fragt er. Erwartungsgemäß. Wir sind offen für eine Menge, glaube ich; Fasching gehört nicht dazu. Und obwohl wir darüber kaum reden, scheinen wir das auszuatmen. Schon unser ältester Sohn sagte damals im Kindergarten zu uns, er würde gern als er selbst gehen. Durfte er, war auch von der Verkleidung her nicht so schwer.
Natürlich hatten und haben wir auch ein paar Kostüme in unserem Besitz – geerbte Stücke. Da ist ein Indianer-Outfit dabei und eins für einen Harlekin, für ganz kleine Kinder hatten wir auch ein Eisbären-Kostüm, was sehr unpraktisch war, weil warm und als Einteiler für kleine – gerade trockene – Kinder durchaus eine Herausforderung… Für etwas ältere gab’s eine einfache Agenten-Verkleidung: Sonnenbrille, weißes Hemd, dunkle Hose. Als Pfadfinder sind unsere Kinder sich überhaupt nicht verkleidet vorgekommen, mischten sich aber trotzdem gut unter das geschmückte Volk.
Nach dem Wochenende steht sie also an unsere letzte Faschingsfeier; an den weiterführenden Schulen sind derartige Veranstaltungen in unseren Breiten nicht mehr üblich. Der Kleine könnte als Fußballstar gehen, dafür haben wir auch alles im Haus – und er würde sich sogar wohl fühlen: Es wäre eher das Ausleben eines Kindertraumes als ein Faschingskostüm.