Meine Tochter – die aufgrund ihrer Größe gut meine Kleidung benutzen kann – hat von ihrer Cousine eine Daunenjacke geerbt, reichlich unerwartet und mitten im Sommer. Die Jacke ist schön; und normalerweise freue ich mich, wenn meine Tochter die Sachen mag, die ihre Cousine abgibt. Diesmal wäre mir eine gewisse Abneigung von ihrer Seite lieber. Ich hätte selbst Verwendung für das gute Stück: Im vergangenen Winter hatte ich nach einer solchen Jacke gesucht, aber keine gefunden, die meinen Geschmack getroffen hätte. Irgendwann war ich des Suchens müde, schaffte den Winter in altbewährter Kutten-Montur – und komme jetzt im Sommer weiterhin gut ohne Daunenjacke zurecht. Aber der nächste Winter kommt bestimmt.
Was mir Angst macht
Dominante Menschen, Unehrlichkeit, ungeklärte Beziehungen, Wut – meine eigene und die von anderen. Manchmal auch Krach, aber das spielt sich auf einer anderen Ebene ab. Und vielleicht noch ein paar andere Dinge…
Ähnlich, anders, ähnlich …
In einer Familie lebt man miteinander, was unter anderem bedeutet, sich gegenseitig zu beeinflussen und zu prägen:
War mein Verhalten als Mutter für meine kleinen Kinder größtenteils nachahmenswert, so geht es für Teenager darum, sich grundsätzlich anders zu entscheiden. Es sei denn, sie kommen – aus freien Stücken!!! – zu ähnlichen Entscheidungen.
Einer meiner Söhne isst seit einiger Zeit nur noch selten Marmelade und fast keine Süßigkeiten mehr. Noch dazu verzichtet er mit einer Entschiedenheit auf Zucker, die mich überrascht. Ich begrüße diese plötzliche Entwicklung, scheine aber nicht deren Auslöser zu sein.
Einerseits erlebe ich die Zurückhaltung meines Sohnes als ein wenig übertrieben – und nehme an, dass dieser Zustand nicht ewig anhalten wird. Andererseits fordert mich sein konsequentes Verhalten heraus: Ich nehme es zum Anlass, mich – in dem Fall – ähnlich bewusster zu ernähren. Sein Beispiel erscheint mir (zumindest teilweise) nachahmenswert.
Es ist immer noch ein Miteinander, nur irgendwie anders.
Warum konkret, wenn allgemein auch reicht?
Mega cool, echt hart, super krass – unsere Kinder verwenden Formulierungen, die uns zum Nachfragen anregen: „Was meint ihr damit?“, fragen wir und ernten eine gewisse Erklärungsnot. So genau hatten sie darüber nicht nachgedacht. Cool muss reichen. Aber was ist denn nun cool? Gibt es nicht auch andere Worte, um etwas Großartiges, Interessantes, Spannendes, Überraschendes zu beschreiben, was schön, reizvoll, fantastisch, atemberaubend anzusehen ist oder sich besonders weich anfühlt, ein Kribbeln im Bauch auslöst oder eine Gänsehaut und eventuell zusätzlich noch ungewohnt lebendig in den Ohren klingt, sich bezaubernd melodiös, klangvoll, ergreifend, spielerisch anhört? Oder hat da eine Mannschaft einfach nur sehr gut Fußball gespielt?
Wahrscheinlich überfordert die Kinder die Qual der Wortauswahl. Cool, hart und krass sind zwar unkonkret, stimmen dafür immer – auf die Spitze getriebene Sprachökonomie.
Geht gar nicht
Meine Ausdauer und Leidenschaft für Handarbeiten im Allgemeinen ist sehr begrenzt. Als Jugendliche lernte ich stricken: Ein oder zwei Pullover entstanden unter meinen Händen, später einige Paar Socken. Heutzutage muss ich nicht mehr stricken, was ich nicht bedauere. Wollsocken strickt eine unserer Nachbarinnen. Sie strickt nach konkreten Wünschen oder kreiert wunderschöne Mix-Exemplare, hat Spaß daran und beherrscht dieses Metier meiner Meinung nach perfekt. Für selbst gestrickte Wollpullis, Schals oder ähnliche Accessoires habe ich keine Verwendung.
Wenn Stricken unter „in Ordnung, aber vorbei“ läuft, gilt fürs Nähen „geht gar nicht“. Ich habe nie eine Nähmaschine besessen, und das manuelle Erledigen von Näharbeiten ist mir ein Graus. Leider fallen im Alltag einer fünffachen Mutter immer wieder Arbeiten an, für die man Nadel und Faden braucht: Gardinen abnähen, Hosen kürzen oder Klamotten ändern, Löcher flicken, Knöpfe annähen und abgerissene Haken an Handtücher annähen. Mit größeren Dingen (also fast allem) gehe ich zur Schneiderin meines Vertrauens, mit dem kümmerlichen Rest sitze ich – selten und sehr ungern – allein auf meinem Sofa. Nähen fällt in meinen Aufgabenbereich, ich sollte es können – glaube ich. Aber ich tue es überhaupt nicht gern, schiebe auf, solange es geht (und darüber hinaus), und erledige es dann erwartungsgemäß dilettantisch. Darin bin ich meinen Kindern kein gutes Vorbild, aber ehrlich gesagt: Darf es eine Sache in meinem Job geben, gegen die ich eine tiefsitzende Abneigung habe? Dann sind es Näharbeiten aller Art. Ich bin dankbar, dass es nicht Kochen oder Putzen getroffen hat!
Teenagers are full of surprises
Mothers of teenagers should be able to adapt: On the one hand you are supposed to be merciful, encouraging, forgiving, listening, understanding and all those things in a different way with each individual kid. As a result it may happen that your kid reacts grateful and you both experience a unique closeness. On the other hand the juveniles might be not especially grateful for the things you do for the sake of their character building – your work, the limits you set, the pushing, remembering and regulating. And they tell you so in very blunt and honest words. Which reaction will pop up is often surprising.
So you need to be empathic and sensitive and in the very next moment ignorant and thick-skinned because they don´t really mean what they say. This process of change is required daily, has to be made spontaneously, and regardless of one´s own emotional state. I have been training this for years now, I am not sure if I am any better than when I started. I only know that sometimes I am still ill-prepared for the surprise.
Sommer
Dieses Jahr wurde es erst spät und plötzlich warm. Ich genieße das täglich und direkt, denn leider ist mir der Sommer meist viel zu kurz.
Es sei denn, ich mache ihn haltbar.
Wäre schön, aber keine Lust
Eine Schaufensterpuppe in einem Geschäft in der Stadt trug ein Kleid mit einer passenden Leggins dazu, das Arrangement sah wirklich gut aus. Tragbar, stilvolle Farben, geschmacklich auf meiner Linie und ein dezent schick. Ich hatte keine Lust, etwas anzuprobieren; aber ich dachte: „Das wäre schön. Das gefiele mir und würde mir sicherlich stehen.“
Ich könnte etwas in dem Stil auch gebrauchen, wirklich brauchen tue ich es dagegen eher nicht: Es befinden sich genügend Kleidungsstücke in meinem Besitz, aber in der Kategorie „modisch aktuell und schick“ weist mein Kleiderschrank Lücken auf.
Es gibt mehrere Outfits, die schön wären. Mir fehlt schon die Lust für das erste …
Woran liegt´s?
Heute wollte ich Rasen mähen. Wir haben einen Benzinmäher, den man von Hand starten muss. Normalerweise gelingt mir das ohne weiteres; ich weiß auch, wozu es einen Choke gibt. Heute ging es nicht. Choke an, Choke aus, nichts tat sich. Meine Versuche wurden verzweifelter, mein Arm erlahmte, mein Herz schlug wie nach einem Sprint, vor allem aber steigerte sich meine Wut.
Ich dachte:
Es kann nicht sein, dass ich zu schwach bin, einen Benzinrasenmäher zu starten. (Der Tank war voll, DAS hatte ich gecheckt.)
Das wäre ja wohl gelacht, dass ich den Mäher nicht anbekomme.
Ich schaff` das, ich schaff`das – wieso schaffe ich das nicht?
Ich
fühlte:
Erstaunen, Wut, Ärger, Frust, Verzweiflung.
Ich war:
Ratlos. Ich wusste nur – es liegt an mir.
Als mein Ältester später nach Hause kam, machte er mir den Mäher an und winkte mich zu sich. Mit einem Lächeln: „Mama, das ist mir letztens auch passiert, sonst hätte ich es auch nicht gewusst – der Benzinhahn war zu.“ Ganz hilfsbereit, lieb und freundlich.
Ich hab´ dann den Rasen gemäht.
Im Nachhinein frage ich mich zwei Dinge.
Erstens: Wieso bin ich nicht selbst draufgekommen? Vor Jahrzehnten machte ich ein einjähriges Praktikum auf einer LPG im Brandenburger Land, da gab es auch Benzinhähne oder Dieselschalter – ich hätte es wissen können!
Zweitens: Was hätte ein Mann gemacht? Ich behaupte, ein Mann hätte viel früher seine erfolglosen Startversuche eingestellt und nach dem Fehler (in dem Fall dem Hahn) gesucht. Ein Mann hätte gewusst – es liegt nicht an mir.
Mit Gott über Mauern springen
„Denn
mit dir kann ich Wälle erstürmen und mit meinem Gott über Mauern
springen.“
2. Samuel 22, 30
Kann ich das wirklich? Und: Welche Mauern sind das? Die größten Mauern in meinem Leben sind die eingeschliffenen Macken in meiner eigenen Persönlichkeit und lästige Gewohnheiten, die ich nicht einfach und freiwillig ablege wie ein Kind seine zu klein geratenen Klamotten. Mich selbst zu verändern, das ist schwer. Nachgiebig zu werden, barmherzig, vergebend – all das fällt mir nicht zu. Leichter ist es für mich zu richten, mich über andere zu ärgern und zu erheben. Viel leichter. Das ist ein Armutszeugnis, aber es ist die Wahrheit.
Heute Morgen beim Beten kam mir der ehrliche Satz über die Lippen: „Vater, mache mich zu einer barmherzigen Frau – egal, was sich dafür ändern muss in mir.“ Geht`s noch? Habe ich mir das gut überlegt? Das kostet etwas, das weiß ich vorher. Will ich das zu dem Preis dann immer noch? Ich zögere, aber ich weiß: „Denn Gott ist`s, der in euch beides wirkt, das Wollen und das Vollbringen.“ (Philipper 2, 13) Also bete ich weiter und glaube, dass ich mit Gott über Mauern springen kann.