„Da
verließen ihn alle und flohen.“
Markus 14, 50
Wenn
ich ans Abendmahl denke, merke ich, dass ich das Sterben von Jesus
nicht wirklich begriffen habe. Verstanden vielleicht, aber mit dem
Herzen erfasst? Ich bezweifle es. Wir reden darüber, was es Jesus
gekostet hat, ans Kreuz zu gehen. Aber diese Form der Versöhnung mit
Gott an sich, das Konzept Sünde in seiner ganzen Fülle – bleibt
mir fremd. Und so verweile ich während des Abendmahls nicht lange
beim Tod Jesu, sondern bin schnell bei der Auferstehung. Es ist, als
ließe ich Jesus in seinem Sterben allein – ebenso wie die Jünger
damals.
Es
ist, als würde ich sagen: „Wie kannst du nur so ein Opfer bringen
müssen?“
Jesus
ist bewusst ans Kreuz und in den Tod gegangen, obwohl er ahnte, dass
viele Menschen sich schwertun würden mit seinem Sterben. Die
Erfahrung hatte er zu Lebzeiten zur Genüge gemacht und 2.000 Jahre
später ist es noch immer so: Es gibt viele Menschen, die mit Jesus
und Glauben und einem Sündenbock für alle nichts anfangen können.
Es gibt wahrscheinlich ebensoviele Menschen, die zwar irgendwie an
Gott glauben, aber insgeheim das Opfer seines Sohnes ablehnen: „Für
mich musst du nicht sterben. Ich komme auch so klar in diesem Leben
und mit Gott. Ich nehme dieses gesamte Opfer-Paket einfach nicht in
Anspruch.“ Und schließlich sind da diejenigen, die Jesus als Sohn
Gottes anerkennen und sein Opfer ebenso, die aber trotzdem weiter
versuchen, allein zurecht zu kommen. Sie versuchen insgeheim, allein
und aus eigener Kraft gerecht und gut zu sein. Sie sehen mehr die
Auferstehung und die Versöhnung mit dem Vater als dieses brutale
Sterben. Sie halten diesen Tod nicht aus, jedenfalls nicht wirklich –
in seiner ganzen Heftigkeit, in seiner Grausamkeit und in seiner
Gottesferne.
Ich zähle mich dazu. Ich ertappe mich bei dem Gedanken, dass ich doch auch von mir aus ziemlich nett bin – barmherzig, freundlich gütig, geduldig… Ich ertrage dieses Sterben für mich nur schwer, ich gehe gern über zum positiven Ende der Auferstehung. Aber ebenso, wie wir als Menschen ganz körperlich durch den Tod noch immer hindurch müssen, durch das Sterben und alles, was damit verbunden ist – ebenso kommt vor der Auferstehung der Tod Jesu. Und vorher seine Einsamkeit, seine Zweifel, seine Angst und die Schmerzen. Dass Jesus das alles für mich erträgt, ist kein schöner Gedanke – und deshalb halte ich diesen nicht lange aus und lasse Jesus in seinem Sterben lieber allein. Ich fühle mich wohler, wenn ich an seine Auferstehung denke und daran glaube, dass sie auch für mich gilt.
Jesus dagegen lässt mich nicht allein, weder im Leben noch im Sterben. Jesus sagt nicht: „Wie kann sie nur?“ Jesus sagt: „Ich hab` dich lieb! Es geht nicht anders, vertraue mir.“