Grundsätzlich macht es mir Spaß zu lesen. Dennoch gibt es Lektüre, die mich anstrengt – nicht mein Thema, langatmiger oder komplizierter Schreibstil, intellektuell zu herausfordernd etc. Die Bonhoeffer-Biographie von Eberhard Bethge ist so ein Buch: Es ist scharf an der Grenze dazu, dass es mich geistig nicht nur heraus-, sondern überfordert. Noch bleibe ich dran, noch kann ich dem Inhalt grob folgen, wenn auch nicht bis ins Detail. Ich lese über die Passagen hinweg, die ich nicht ganz verstehe, und merke – es entsteht ein Bild dieses Menschen, das immer mehr Gestalt gewinnt.
So geht es mir ehrlich gesagt auch oft mit der Bibel: Darin stehen Geschichten, die einfach und klar sind und schön. Andere „malen“ einen Gott, an dem ich mich reibe, und „gefallen“ mir nicht ganz so gut. Und dann sind da noch die Texte, die mich vom theologischen Denken her überfordern – dicht geschriebene Abschnitte im Römerbrief zum Beispiel oder im Hebräerbrief.
Es gibt zwei Möglichkeiten, damit umzugehen: Ich kann Verse einzeln lesen, genau hinschauen und darüber nachsinnen. Diese Form der Schriftmeditation hat ihre Berechtigung; aber sie macht mir oft nicht so viel Spaß. Für mich habe ich entdeckt, dass ich derartige Bücher der Bibel lese wie die Bonhoeffer-Biographie – einfach immer weiter. Ich will den Text als Ganzes auf mich wirken und mich nicht bremsen lassen von Ungereimtheiten und Versen, die kompliziert formuliert sind. Ich akzeptiere „das Wort“ als von Gott inspiriert und lebendig. Und dann vertraue ich, dass es in mir eine Wirkung entfaltet, die sich meinem Verstand entzieht und mich trotzdem prägt und verändert.
„So
soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht
wieder leer zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und
ihm wird gelingen, wozu ich es sende.“
Jesaja 55, 11