Jetzt oder später

Ich erledige Aufgaben gern zeitnah; für mich gilt: `Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.´ Nicht immer lässt sich das realisieren, dann lasse ich weniger Dringliches für `später´ liegen. Aber leider ist mir das Unerledigte doch sehr präsent und trübt mein `Jetzt´. Daher finde ich, dass es nur selten schlau ist, etwas auf später zu verschieben – zu prokrastinieren, wie es heute gern heißt. Zwar fühlt es sich jetzt ohne Auftrag gut an, aber später drohen Zeitdruck und Stress.

Andere Menschen sind geborene Prokrastinierer: Aufgaben erledigen sie möglichst spät, nämlich erst, wenn diese sich nicht mehr auf `noch später´ verschieben lassen. Sie leben jetzt fröhlich mit Unerledigtem und ärgern sich auch dann nur ein wenig, wenn es später hektisch wird. Eine meiner Töchter fällt unter diese – bisweilen beneidenswerte – Gruppe Mensch. Sie müsste sich jetzt auf ihre theoretische Führerscheinprüfung vorbereiten; aber sie verschiebt es auf später. Denn ihr macht so ziemlich alles andere mehr Spaß: Klavier oder Fußball spielen, chillen, Videos schauen, essen, der Schwester die Haare schneiden, Musik hören … Noch verspürt sie keinerlei Druck: Zwar würde sie gern jetzt schon Auto fahren dürfen, aber es geht eben auch ohne.

Kürzlich kam diese Tochter von der Schule nach Hause und verkündete: „Ich mache meine Hausaufgaben jetzt immer sofort, wenn ich sie bekomme. XY macht das auch so; die hat nachmittags viel planbarer Zeit.“ Ich bin gespannt, ob das, was sie jetzt begeistert, auch später noch attraktiv sein wird – und ob es sich auch auf die Führerschein-Theorie anwenden lässt. 

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