Es war einmal … 

In einem kurzen Text erinnert sich jemand, wie es war, während der Corona-Pandemie einkaufen zu gehen: eine Einkaufswagenlänge Abstand zum Vordermann, Plexiglas-Scheiben vor dem Kassierer, Menschen, die mich super höflich vorlassen – um mir nicht zu nah zu kommen etc. Die Autorin denkt außerdem noch heute daran, dass man sich so lange die Hände waschen sollte, wie es dauert, Happy Birthday zu singen. Was in dem Artikel durchschimmert ist einerseits die Angst, die damals herrschte, und andererseits das Gefühl, dass Isolation zwar unangenehm, aber notwendig war.

Ich habe dasselbe erlebt, aber meine Erinnerung ist anders: Zum einen hatte ich keine reale Angst – weder, jemanden zu infizieren, noch, mich selbst anzustecken. Deshalb wehrte ich mich (wo und wie ich konnte) gegen die übervorsichtige Zurückhaltung, die von ganz oben verordnet und mit kollektiver Angst begründet wurde – fast so als wäre jede soziale Interaktion vor allem eins: nämlich gefährlich. Außerdem empfand ich das auf Abstand ausgerichtete Miteinander als eine große Verarmung, fast wie einen Angriff auf unser Mensch-Sein. 

Es war mir fremd, wie selbstverständlich gesunde, junge Menschen Plastikhandschuhe benutzten und sich ständig die Hände desinfizierten. Und Happy Birthday sang ich auch damals (wenn überhaupt) nur als ein Geburtstagsständchen. Am negativsten in Erinnerung sind mir kleine Kinder mit Maske. In Ausnahmefällen gab es sicherlich besondere Gründe dafür, beispielsweise eine sterbenskranke Uroma oder ein immungeschwächtes Geschwisterkind zu Hause. Dennoch versetzte der Anblick maskierter Kleinkinder  mir jedes Mal einen Stich: auch weil unser Kinderarzt mir erzählt hatte, Babys würden weniger fremdeln – und keine Gesichter mehr lesen können.

Ebenso wie die Autorin freue ich mich, dass die Zeit vorbei ist. Aber anders als sie erinnere ich mich nicht vorrangig an ein gemeinschaftliches Wir-müssen-da-durch-Gefühl. Für mich ist da mindestens ein schaler Beigeschmack nach alternativloser Panikmache und dem von vielen Medien und Politikern befeuerten Motto: Wer sich nicht kritiklos an die Regeln hält, gehört ausgeschlossen.

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