Eine spekulative Betrachtung

Es interessiert mich, was Wolf Schneider zu Herbert Grönemeyer sagen würde – und anders herum. Der eine gilt schon Jahrzehnte als der „beste Deutschlehrer der Nation“, der andere prägt seit meiner Kindheit die deutschsprachige Musik. Durch Herbert Grönemeyer ist Bochum für mich mehr als der Name einer Stadt, obwohl ich noch nie dort war.

„Bochum, ich komm aus dir, Bochum, ich häng`an dir – oh Glückauf, Bochum!
Du bist keine Schönheit, vor Arbeit ganz grau. Ich lieb` dich ohne Schminke, bist `ne ehrliche Haut, leider total verbaut – aber gerade das macht dich aus!“

Aufgrund eines anderen Liedtextes ahne ich: Gehörlose Menschen empfinden laute Geräusche anders als ich.

„Sie weiß nicht, dass der Schnee lautlos zu Boden fällt, merkt nichts vom Klopfen an der Wand.
Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist, das ist alles, was sie hört.
Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist, wenn sie ihr in den Magen fährt.
Sie mag Musik nur, wenn sie laut ist, wenn der Boden unter den Füßen bebt.
Dann vergisst sie, dass sie taub ist …“ 

Die Sätze sind kurz und prägnant, verständlicher geht es nicht. Herbert Grönemeyers Vergleiche sind bildhaft und überraschend, sie lassen mich aufhorchen. All das könnte Wolf Schneider gefallen. Die Lektüre seiner Bücher offenbart seine Liebe zu einfachen Sätzen. „Im Hauptsatz liegt die Kraft“, schreibt er, mehr noch: „Hauptsätze sind die erste Wahl.“ Direkt danach lese ich: „Der Nebensatz, sinnvoll angehängt, schafft Abwechslung.“ (Wolf Schneider in „Deutsch für junge Profis“)

Wie gesagt: Ich weiß nicht, ob Wolf Schneider die Texte von Herbert Grönemeyer mag. Genauso wenig kann ich beurteilen, ob Herbert Grönemeyer sich an Wolf Schneiders Ratschlägen orientiert. Ich mag beide und finde, sie gehen ähnlich sorgfältig mit der deutschen Sprache um. Es interessiert mich, ob sie das auch so sehen.

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