Meine Omas wohnten beide ganz in der Nähe des Bornstedter Friedhofs. Dort lagen schon in meiner Kindheit meine beiden Großväter und zwei meiner Onkel begraben – alle vier viel zu früh gestorben. Ich hatte keinen von ihnen kennen gelernt; meine Omas und meine Eltern vermissten sie schmerzlich. Daher war ich früher regelmäßig auf diesem wirklich schönen Friedhof. Für mich waren die Besuche der Gräber weniger traurig als vielmehr Startpunkt für Spaziergänge: Denn hinter diesem Friedhof liegt der Park Sanssouci – ein riesiges Gelände rund um die Wohnstatt der alten preußischen Könige herum. In der Nähe der Schlösser und anderen Gebäude tummeln sich meist viele Touristen; in der Ecke, die hinter `meinem´ Friedhof beginnt, ist es stiller. Im Herbst findet man dort Bucheckern; zu Ostern versteckte eine Oma immer Ostereier hinter den Büschen.
Vor ein paar Tagen war ich auf Stippvisite in der alten Heimat; mittlerweile wohnen meine Geschwister ganz in der Nähe des Bornstedter Friedhofs. Zusammen mit meiner Schwester drehten wir eine Runde: Noch mehr Verwandte liegen mittlerweile dort begraben; wir gehen noch immer denselben Weg. Große Bäume stehen da, ihre Wurzeln wachsen über die Wege. Es ist ein Friedhof, ja – aber er ist wirklich schön. Und dann kommt der Park selbst, er ist mir noch sehr vertraut. Die Lücken in meiner Orientierung füllte meine ortskundige Schwester:
– der Blick vom Schloss Belvedere zur Orangerie,
– das Drachenhäuschen, ein kleines Café, in dem es früher das für den Osten typische Halbgefrorene gab,
– die riesigen Buchen und Grünflächen abseits der in klarer Symmetrie angelegten Wege,
– aus der Ferne erspäht: das Neue Palais, das chinesische Teehäuschen, die Historische Mühle und die Bildergalerie,
– hingesetzt und ausprobiert: die Flüsterbänke rund um die Fontäne zu Füßen des Schlosses Sanssouci selbst – sie funktionieren beeindruckend,
– das Schloss Sanssouci, dahinter der Ruinenberg,
– die schlichte, fast unscheinbare Grabplatte Friedrichs des Großen mit ein paar von Besuchern abgelegten Kartoffeln – als posthumes Dankeschön für die von ihm nach Preußen geholte Knolle …
Es bliebe noch viel zu entdecken; der Park umfasst 300 Hektar – und ist mehr als einen Ausflug wert. Aber für mich muss dieser mit einem Gang über den Bornstedter Friedhof beginnen …