Wir bitten unsere Kinder manchmal um Hilfe. Ihre Reaktion ist unterschiedlich und hängt von verschiedenen Parametern ab: Um welche Aufgabe handelt es sich, gibt es verschiedene, kann man auswählen? Ist noch ein anderes Kind in der Nähe, an das sich der Auftrag delegieren ließe? Alle Sprösslinge verfolgen dasselbe Ziel – sich um die unliebsame Pflicht zu drücken, indem man sie an jemand anderen delegiert.
Gestern ging es darum, den Tisch für unser Grill-Abendbrot zu decken oder aber im Supermarkt noch Senf für ebendieses zu kaufen. Beliebter war die „Ich deck`den Tisch“-Variante, also wurde diskutiert. Gegen die Fahrt zum Supermarkt – ein Kilometer Entfernung – sprachen ungewaschene Haare, „ich war heute schon so viel draußen“ und „meine Frisur ist nur mit Mütze schön, für Mütze ist es aber zu warm“. Ich sagte eine Weile nichts; aber diesmal kamen die vier Großen nicht zu einer guten und zeitnahen Lösung. Also bot ich an, selbst zu fahren – wenn jemand die kochenden Kartoffeln beaufsichtigen würde. Ich hätte es tatsächlich gern gemacht; aber ich weiß, dass die Kinder mein Einspringen nur ungern zulassen. Erwartungsgemäß holte einer der Söhne seine Schuhe und murmelte: „Bevor du fährst, mach` ich es. Meine Güte, das kann doch wohl nicht wahr sein, immer dieselben Diskussionen.“
Mittlerweile schmunzle ich in solchen Momenten und frage mich, von wem sie das haben! Mein Mann und ich sind uns beide nicht zu schade für irgendwelche Arbeiten. Was getan werden muss, erledigt einer von uns – keiner drückt sich, nur weil er keine Lust hat. Insgeheim freue ich mich auf den Tag, wenn unsere Kinder selbständig leben und in die Rolle der letzten Instanz gerutscht sein werden, wenn sie endgültig erwachsen, verantwortlich und zuständig sind.
Bis dahin dürfen sie noch dieses kindische Gehabe zeigen, es ist in Ordnung, ich nehme es nicht persönlich. Sie drücken sich nicht, um mich zu ärgern oder weil wir ein schlechtes Beispiel sind; sie drücken sich, weil sie es noch können.