Verschieden

„Das sind zwei verschiedene Sachen, über die wir reden“, sagt mein Mann. Wenn wir zum Beispiel streiten, vermische ich gern zwei Dinge: die Meinungsverschiedenheit selbst und unseren bisweilen sehr unterschiedlichen Umgang damit. Ich werde emotional; mein Mann dagegen bleibt (stur) bei der Sache – und bringt mich damit vollkommen unabsichtlich zusätzlich in Rage.

Einzige Lösung: Ich bemühe mich um mehr Sachlichkeit, mein Mann um mehr Empathie – im Eifer des Gefechts mit mäßigem Erfolg. Alte Muster sind schwer zu durchbrechen, aber wir arbeiten daran.

Team-Arbeit: unvollständige Liste

Im Team lastet die Arbeit auf mehreren Schultern.
Im Team entstehen viel mehr Ideen.
Im Team hat man mehr Spaß.
Im Team entwickelt sich eine eigene Dynamik und beflügelt der eine den anderen.
Im Team kann sich der Einzelne ab und an zurücklehnen.
Im Team kann man sich seinen Stärken gemäß einbringen – und die Aufgaben, die einen überfordern, anderen überlassen.

Im Team muss man sehr viel ganz klar kommunizieren, ziemlich oft.

Vom Gendern

Die korrekte Anrede ist derzeit ein höchst umstrittenes Thema: Die einen finden sie unabdingbar, den anderen geht sie auf den Keks. Der Gedanke dahinter scheint berechtigt: Menschen sichtbar machen, die sonst nicht gesehen werden. Ob das jedoch dadurch geschieht, dass man jeden ganz genau richtig anredet – ich bezweifle es. Persönlich halte ich das Gendern in den meisten Fällen für ein Luxusproblem von Menschen, die keine echten Probleme haben. 

Natürlich wird niemand gern übergangen. Und keiner möchte in eine Schublade gestopft werden, in die er nicht zu gehören meint – auch klar. Aber es ist meiner Meinung nach keine gute Idee, deswegen für jeden eine eigene Schublade einzurichten. Als wäre das Schlimmste, was uns passieren kann, dass wir im öffentlichen Sprachgebrauch zu einer großen Menge gehören – oder in ihr untergehen. Wer so denkt, hat den Kern menschlichen Zusammenlebens nicht verstanden: Viele schwache Individuen profitieren idealerweise davon, Teil einer starken Gemeinschaft zu sein.

Ob der Einzelne gesehen wird, hat wenig zu tun mit der korrekten Anrede auf einem Briefkopf oder in den Nachrichten, im Gegenteil: Diese bemühte Anpassung der Sprache – letztlich gegen den Wunsch einer großen Mehrheit – erweist der Integration der betroffenen Minderheit einen Bärendienst. Menschen individuell gerecht zu werden findet im persönlichen Miteinander statt: andere ernst nehmen (wie abgefahren auch immer sie mir vorkommen), respektvoll zuhören, Rücksicht nehmen, nachfragen, Interesse zeigen …

Will ich gar nicht wissen!

Auf dem Parkplatz vor einem Supermarkt steigt eine junge Frau aus einem Auto, von dessen Heckscheibe mir ein kurzer Satz ins Auge springt. Er ist vulgär, oberflächlich und provokativ. Die Frau sieht selbstbewusst und cool aus – wie es in ihrer Seele aussieht, weiß ich natürlich nicht. Mir wäre es eher peinlich, aus diesem Auto zu steigen. Denn weder mag ich solch obszöne Formulierungen noch würde ich sie derart sendungsbeflissen auf meinem Auto spazieren fahren. An die Frau kann ich mich schon ein paar Tage später nicht mehr erinnern; aber der kurze Satz begleitet mich noch eine ganze Weile: Gerade blöde Sprüche sind unnötig, bleiben aber leider gut im Gedächtnis hängen (und werden deshalb jetzt und hier nicht wiedergegeben). 

Ansprechendes Drumherum

Bei Frederick Buechner lese ich, dass die ersten zwei Minuten einer Rede oder einer Predigt die entscheidenden sind: Am Anfang sind die Zuhörer noch ganz Ohr. Mit dem Einstieg, mit den ersten Worten, schreibt Buechner, entscheidet sich, ob die Leute uns wirklich zuhören oder stattdessen gedanklich abschweifen.

Ich glaube, Buechner hat Recht. Man kann seine Zuhörerschaft schneller verlieren, als man einen interessanten Gedanken formuliert hat. Es gilt: Das Drumherum, das `Wie´ – lustig, persönlich, provozierend, optisch anspruchsvoll illustriert – muss ansprechend sein. Denn es ist fast ebenso wichtig wie der Inhalt, um den es geht. Darüber kann man traurig sein oder erschrecken; es bleibt eine Tatsache: Wenn wir die Menschen langweilen, werden sie uns nicht zuhören, selbst wenn wir etwas GANZ WICHTIGES zu sagen haben. Deshalb sollten wir uns auf eine Präsentation nicht nur inhaltlich, sondern auch auf das Drumherum gut vorbereiten.

Interessant: Selbstgespräche

„Interessante Selbstgespräche setzen einen klugen Partner voraus.“
Herbert George Wells

Ich will aus dem leeren Haus gehen und murmele vor mich hin: „Also erst in die Stadt: Karstadt und Drogerie … dann wieder zurück Wäsche aufhängen, die Waschmaschine ist dann fertig … dann die beiden Kinder meiner Freundin aus Kindergarten und Schule abholen … könnte klappen, dass ich dann pünktlich VOR meinen eigenen Kindern wieder zu Hause bin …“

Ich bin eindeutig der Typ, der – mit sich allein – Selbstgespräche führt. Sie sind vielleicht nicht interessant, aber es ist interessant, dass ich sie führe.

Frei

Manche Menschen kommunizieren so, als wüssten sie alles besser. Vielleicht haben sie nur eine große Klappe, vielleicht sind sie wirklich schlau, egal: Gespräche mit Alleswissern empfinde ich als unangenehm. Andere Leute vermitteln dagegen, dass sie immer noch dazulernen können: Mit ihnen unterhalte ich mich gern.

Jemand, den ich für sehr klug halte, wirkt im Gespräch zum Beispiel angenehm zurückhaltend. Wenn ich mit ihm rede, fühle ich mich gehört und auf Augenhöhe – obwohl er viel mehr weiß als ich. Woran das liegt, frage ich mich. „Naja, er denkt eben klein von sich“, sagt mein Mann – und hat in diesem Fall sicher Recht. Vielleicht sind die sympathischsten Gesprächspartner diejenigen, die in sich ruhen. „The greatest freedom is having nothing to prove“, sagt Pete Cantrell. Wer niemandem irgendetwas beweisen muss, ist frei. Er vermittelt anderen das Gefühl, besonders zu sein – und muss auf seine eigenen Begabungen gar nicht hinweisen. Die erkennt man dann schon von ganz allein.

Unsortiert

Früh am Morgen habe ich manchmal noch ganz frische Gedanken; ich fasse sie in Worte, mein Mann hört zu. Es geht drunter und drüber – ich merke es selbst. Entsprechend verständnislos (aber freundlich) schaut er mich an. „Menno, manchmal wenn ich dir mein Gedanken-Chaos erzähle, verstehst du mich“, sage ich frustriert, „und dann …“ „… verstehst du dich selbst?“ „Ja, nein, aber du bringst das dann alles in einen schönen Satz, und dann wissen wir beide, was ich eigentlich sagen wollte!“ Er schüttelt den Kopf: „Diesmal nicht, mein Schatz, diesmal nicht.“ Wie schade!

Eine Begegnung

Mein Mann und ich treffen beim Spazierengehen eine entfernte Bekannte. Wir kommen ins Gespräch – beziehungsweise sie erzählt: ohne Punkt und Komma, vom Höcksken aufs Stöcksken, vom Hundertsten ins Tausendste, in epischer Breite … Wir dagegen bekommen kein Bein auf die Erde, keinen Fuß in die Tür, holen keinen Stich, können nicht punkten, sind chancenlos (und stumm) – und können erst nach etwa zehn Minuten Reißaus nehmen, die Kurve kratzen, das Weite suchen und uns freundlich, aber erfolgreich aus dem Staub machen.

Nach der Begegnung sagt mein Mann, er fühle sich wie sturmreif geschossen; den Rest des Heimweges schweigen wir einvernehmlich.

Inhalt und Verpackung

Auf den Inhalt kommt es an, heißt es, aber in Meinungsverschiedenheiten ist die Verpackung mindestens genauso wichtig. Ich kann noch so gute Argumente haben und genau wissen, wie es besser geht: Wenn ich möchte, dass jemand mir wirklich zuhört, muss ich mich um ein gutes Drumherum bemühen. Freundlich, wertschätzend und respektvoll sollte ich meinem Gesprächs-Partner begegnen, bestenfalls mit einem demütigen Herzen. Sonst werde ich mit meinen tollen Argumenten keinen konstruktiven Dialog anstoßen, sondern einen Schlagabtausch anzetteln.

„Wer unvorsichtig herausfährt mit Worten, sticht wie ein Schwert; aber die Zunge der Weisen bringt Heilung.“
Sprüche 12, 18