Abenteuer vegan

Eine unserer Töchter ernährt sich diese Woche vegan. Sie macht das nicht aus Überzeugung oder einem Verantwortungsgefühl den Tieren gegenüber, sie will es einfach mal „ausprobieren“. Eine Zwischenbilanz:

Sonntag – der Tag davor: Spannung und Vorfreude pur.

Montag: Wir beobachten einen gewissen Enthusiasmus an ihr: „Nein, Käse und Milchprodukte darf ich nicht, ohnehin kein Fleisch oder Fisch. Und natürlich nichts mit Ei. Aber es gibt Brotaufstriche und Schokolade; außerdem ist Gemüse sowieso viel gesünder.“

Dienstag: Latenter Hunger setzt ein – und äußert sich in einer unausgeglichenen Stimmung. Von den veganen Brotaufstrichen schmeckt nur einer richtig gut; die Hafermilch gilt nach dem ersten Probieren als eine eigene Herausforderung, und die Schokolade hat sie bei einer Freundin vergessen. Das Abendbrot klingt unverfänglich – Nudeln mit Pesto. Ein Blick auf die Inhaltsstoffe führt zu der ungläubigen und leicht frustrierten Erkenntnis: „Was? Pesto enthält auch Spuren von Milch? Was kann ich denn dann überhaupt noch essen?“ Sie weicht aus auf Nudeln mit frischen Tomaten.

Mittwoch: Die andere Tochter hat Geburtstag und kann ihn aufgrund der Corona-Kontaktsperre nicht wirklich feiern. Wir beschließen, Pizza zu bestellen. Das vegan lebende Kind macht ein langes Gesicht – bis es auf der Karte zwei vegane Pizza-Varianten entdeckt. An dem Abend wird sie zum ersten Mal wieder richtig satt. Die Stimmung kippt ins Positive.

Donnerstag: Wir gehen einkaufen. Gummibärchen gibt es nur in der vegetarischen Variante – macht nichts. Dafür landen jede Menge Obst, vegane Chips, Joghurt und Chicken Nuggets im Einkaufswagen. Letztere teilt sie beim Abendbrot großzügig mit ihren neugierigen Geschwistern.

Freitag – heute: Vorfreude auf das Ende des Experiments setzt ein. Heute steht vor allem Avocado auf dem Speiseplan. Und Müsli mit Joghurt, der zwar zu süß schmeckt, aber verzehrt werden darf.

Am Wochenende wird sich Stolz mit Vorfreude mischen, vielleicht auch ein bisschen Ungeduld. Eine Woche reicht als Herausforderung. Jetzt ist sie sich sicher: Maßvoll und eingeschränkt ist attraktiver als Totalverzicht.

Nächsten Montag gibt es Lasagne mit Hackfleisch und viel Käse.

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