Gute Lehrer

Gute Lehrer können einerseits Wissen vermitteln, also den Ton angeben, und andererseits zum Selber-Lernen motivieren: die Schüler machen lassen. Es ist schwer und die hohe Kunst, das richtige Maß zu finden. Nicht jeder Lehrer ist ein guter Lehrer, aber es gibt sie (ich hatte einige). Sie brauchen Autorität, Liebe und Vertrauen gegenüber ihren Schülern – und benötigen von Eltern und der Gesellschaft breite Unterstützung. Was dagegen nicht hilft, ist, wenn wir:

über Lehrer meckern – und dadurch ihre Autorität untergraben,
sie durch zu viel Verwaltungsarbeit unter (Zeit-)Druck setzen,
Lehrer mit viel zu großen Klassen allein lassen – und erwarten, dass sie langsam denkende Schüler ebenso erfolgreich beschulen wie superschlaue,
meinen, dass Inklusion in Schule einfach funktioniert, obwohl wir als ganze Gesellschaft daran scheitern,
Flüchtlingskinder ohne Deutschkenntnisse ans Gymnasium schicken und hoffen, dass es irgendwie klappt,
erwarten, dass Lehrer nicht nur lehren, sondern auch erziehen,
ihren Arbeitsplatz reformieren – alle Jahre wieder,
unter dem Stichwort `Medienkompetenz´ den Unterricht digitalisieren,
vermitteln, dass es leicht ist (und zu gut bezahlt), was Lehrer tun.

Es wäre ein Anfang, wenn sich Lehrer ohne all unsere `Hilfestellung´ einfach nur auf ihren Kern-Job konzentrieren könnten: einerseits Wissen vermitteln und andererseits die Schüler zum Selber-Lernen motivieren.

Im Garten

Unter einigen Eiben (im Garten erwünscht) hat sich eine Brombeere (im Garten nicht erwünscht) breitgemacht oder irgendetwas ähnliches mit fiesen Dornen. Die Pflanze treibt jedes Jahr neu aus – zuverlässig und kräftig. Mein Mann sagt, sie ließe sich nicht ausbuddeln; die Stelle sei durch die Eiben zu verwurzelt. Um deren Wurzeln zu schonen, lassen wir die Wurzeln der Brombeere also, wo sie sind. Stattdessen schneide ich die Triebe immer wieder bis auf die Erde zurück. Meist warte ich damit zu lange: Dieses Jahr dauert das Kürzen fast eine Stunde – eine Arbeit, die ich mir auch nicht mit `Bewegung an der frischen Luft´ schönreden kann.

So kann es nicht weitergehen: Die Brombeere muss raus – Eibenwurzeln hin oder her. Ab sofort schonen wir mich!

Von der Hoffnung …

Ich bin mit dem Rad unterwegs: zur Schneiderin, dann Geld abheben und Blumen holen für eine Freundin, die Geburtstag hat. Auf dem Weg zu ihr muss ich eine Brücke passieren. Dort wird gebaut; nur eine Spur steht zur Verfügung. Neben der Bedarfsampel steht ein Schild, dass Fußgängern und Radfahrern die Weiterfahrt untersagt. Da stehe ich mit meinem Blumenstrauß in der Hand und frage mich, wie ich weiterkomme. Nur ein anderer Weg über den Fluss kommt alternativ in Frage: ein Umweg von etwa acht Kilometern – mit dem Rad jetzt viel zu weit. Soll ich einfach trotz des Schildes fix über die Brücke radeln? Auf der abgesperrten Spur ist Platz; Bauarbeiter sind nicht zu sehen. Letztlich traue ich mich aber nicht, das Verbotsschild zu ignorieren. Zu tief sitzt der Drang, offizielle Regelungen befolgen zu müssen.

Ich schiebe das auf meine frühe Sozialisierung im Osten Deutschlands: „Kommen Sie bitte zur Klärung eines Sachverhalts mit auf die Polizeistation.“ Obwohl ich weiß, dass mir das hier auf keinen Fall passieren wird, spüre ich ein Grundgefühl aus Angst und Unsicherheit, sobald etwas nach `illegal´ klingt.

Also radele ich – frustriert mit mir selbst – nach Hause und hole das Auto. Wieder an der Brücke, kommt mir eine Fußgängerin entgegen: fröhlich telefonierend. Im Gegensatz zu mir hat sie sich durch das Schild nicht bremsen lassen. Ich bewundere sie und nehme mir vor, es ihr beim nächsten Mal gleichzutun. Vielleicht gelingt es mir ja dann, meine Prägung zu überwinden. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Jammern auf hohem Niveau

Zwei Frauen im Supermarkt unterhalten sich: „Rate mal, wie viel wir zurückerstattet bekommen haben“, höre ich, „1.000 Euro dafür, weil wir darauf hinwiesen, dass die Zimmer nicht genauso aussahen wie auf den Bildern im Prospekt.“ Wer fragt, gewinnt; wer sich beschwert, wird belohnt – ein typisches Beispiel für Jammern auf hohem Niveau.

Eine Phase

Einige meiner Kinder befinden sich momentan in einer Phase, in der sich das Leben ÜBERALL abspielt – nur nicht zu Hause. Ich hoffe, sie ist wie jede Phase vorübergehend.

Das letzte Kind

„Das letzte Kind hat Fell“, sagt ein Bekannter, während mich sein `Nachwuchs´ umschleicht, freundlich begrüßt – und offensichtlich gekrault werden will. Er ist total süß (natürlich) und schon ziemlich groß: eine Mischung aus Schäferhund und Husky.

Ich überlege einen Moment und bin dann GANZ sicher: Mein letztes Kind schleicht manchmal durchs Haus und begrüßt Gäste freundlich und mit Handschlag. Er ist total süß (natürlich) und schon ziemlich groß – ein Teenager eben. Nur, Fell, das hat er nicht.

Gewürze, Bananen und die Freiheit

Unser Mittagessen ist würzig und sehr scharf. Mein Sohn fragt sich, wie das Essen früher schmeckte, als die Menschen keine Zutaten aus aller Welt verwenden konnten. „Eintöniger vielleicht“, sagt mein Mann, „das betrifft ja nicht nur Gewürze: Martin Luther hat wahrscheinlich in seinem ganzen Leben nie eine Banane gesehen.“ Damals kamen die Leute normalerweise kaum raus aus ihrem Geburts-Umfeld – ich schätze, ohne sich beengt zu fühlen. In der DDR dagegen ging der Mangel an Bananen (unter anderem) einher mit einer Behinderung der persönlichen Freiheit.

Heute und hier im Westen gehören Bananen (und Cayenne-Pfeffer) zum Standard; außerdem ist unser Radius größer. Aber noch immer reicht uns meistens unsere Scholle. Wir müssen nicht `in der Welt zu Hause sein´ oder außergewöhnliche Gewürze besitzen, um uns frei zu fühlen. Es reicht, dass wir es tun könnten.

In anderen Ländern wiederum, zum Beispiel in Nordkorea, fühlen Menschen sich unfrei, weil sie eingesperrt sind. Auch eine mit Cayenne-Pfeffer verfeinerte Banane kann nichts daran ändern.

Verschieden

„Das sind zwei verschiedene Sachen, über die wir reden“, sagt mein Mann. Wenn wir zum Beispiel streiten, vermische ich gern zwei Dinge: die Meinungsverschiedenheit selbst und unseren bisweilen sehr unterschiedlichen Umgang damit. Ich werde emotional; mein Mann dagegen bleibt (stur) bei der Sache – und bringt mich damit vollkommen unabsichtlich zusätzlich in Rage.

Einzige Lösung: Ich bemühe mich um mehr Sachlichkeit, mein Mann um mehr Empathie – im Eifer des Gefechts mit mäßigem Erfolg. Alte Muster sind schwer zu durchbrechen, aber wir arbeiten daran.

Wundersam

Wir bekommen ein echtes englisches Frühstück, a proper English breakfast, mit allem, was dazu gehört: Grapefruit, Speck, Würstchen, Spiegeleier, gebackene Bohnen, Pilze, Tomaten, Toast … Zu Hause käme das meiste davon nicht auf unseren Frühstückstisch – hier macht es den Samstagmorgen besonders und den England-Urlaub vollständig. Es ist wundersam, was man außer Landes alles probiert und schätzt, vielleicht sogar mag.

Ein Airbnb in England

In jeder Ecke ein Möbelstück und an jeder Wand ein Gemälde, keine noch so kleine Ablage ohne Deko, auf dem schmalen Doppelbett zahlreiche Kissen, im Schrank kaum freier Platz, auf dem Fußboden nicht nur ein einziger Teppich: Es fühlt sich ein bisschen so an, als wäre in diesen Räumen kein Raum für uns …, aber die Gastgeber sind herzlich, unkompliziert und kommunikativ. Wir leben aus dem Koffer und freuen uns über das sonnige Wetter und die wunderbare Sprache, in die wir eintauchen können. Vor uns liegt eine interessante Woche.