Erleichtert

Menschen wie ich sollen – trotz fortschreitenden Alters – digital mithalten können, am Puls der Zeit bleiben, die technische Entwicklung nicht verschlafen, sondern sie mit offenen Armen willkommen heißen. Ich fühle mich ein wenig überfordert.

Eine Bemerkung meiner Tochter (noch ohne eigenes Smartphone!!!) zerstört alle Ambitionen: „Mama, du gehst nur auf Instagram, wenn`s keiner merkt. Alles andere ist peinlich.“ Ich bin erleichtert.

Von Zebrastreifen und Rechtsabbiegern

„Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“
1. Korinther 15, 10

Mir nahm heute eine Autofahrerin den Schwung und die Vorfahrt und schnitt mir den Weg ab: Sie bog rechts ab, ich war geradeaus unterwegs und musste bremsen. Ich hatte es schon eine Millisekunde vorher geahnt, denn sie schaute nicht nach hinten und reduzierte nicht die Geschwindigkeit. Ich war vorbereitet und konnte abbremsen. Lächelnd (weil dankbar) fuhr ich weiter. Warum lächelnd? Weil ich weiß, dass solche Fehler passieren können:

Mit unserem Auto überfuhr ich einmal völlig in Gedanken versunken einen Zebrastreifen. An der Seite stand eine Frau mit Kinderwagen und wartete darauf, dass ich anhalten würde – vergeblich. Meine Augen hatten die Frau gesehen, aber mein Gehirn nicht. Im Gehirn wäre die Entscheidung fürs Bremsen gefallen, Augen können das nicht.

Ich übersah auch schon einmal jemanden, als ich rechts abbog. Vielleicht schaute ich zu flüchtig oder auch gar nicht über meine Schulter; Fakt ist, dass ein Fahrradfahrer meinetwegen bremsen musste.

Ich weiß, wie es ist, wenn man beim Autofahren Fehler macht, die nicht passieren sollten. Sie sind mir unterlaufen, obwohl ich keine besonders übermütige Fahrerin bin und schon lange meinen Führerschein besitze. Vielleicht ärgerte sich die Mutter mit Kinderwagen, der Radfahrer tat es sicherlich. Mir selbst waren die zwei Ereignisse vor allem peinlich – auch weil sie keine schlimmen Folgen nach sich zogen: Die beiden Leute landeten nicht unter meinem Auto. Das war nicht mein Verdienst; man könnte sagen, es war Glück. Ich würde sagen: Das war Gnade.

Sicher gab es noch andere Situationen, in denen eine Unachtsamkeit von mir nicht in einem Schaden für andere endete. Ich registriere nicht alle meine Fehler. Das ist auch Gnade.

Let`s talk!

There is an author whose books I enjoy reading. He writes non-fiction books in such a way that even I like them. His topics are interesting and touch on everyday life; his writing is sometimes amusing, always balanced and clear, his style smart and his perspective often rather unusual. Last but not least: I just like his way of creating and dealing with issues he finds interesting enough to think and write about.

A little while ago I heard him talking about the research for his latest book and what he himself took from it: he said if he needed an assistant he wouldn`t do a job interview anymore – there was nothing you would learn from an interview if you wanted to hire someone. A conversation of this kind was all about appearances; everything you really needed to know you could check on the phone or get from other people you trust.

He is right: in a conversation I can`t figure out whether someone is punctual, reliable and diligent, is discreet and will be committed to their job. Nevertheless, for me the first, ‘optical’ impression still has some relevance – if I needed a personal assistant I also would like to see them first. Don`t we have to work together and get along on a daily basis? Doesn`t it help if the other person’s appearance is not off-putting to me in some way? What`s wrong with wanting to work with someone who is also pleasant company – as a bonus? (Not that I know what I am talking about: I am a long way from needing a personal assistant and even farther from being able to afford one…)

Secondly „my author“ mentioned that the only situation where you really have to meet someone is dating. My initial reaction would be: I agree – it`s obvious. But a mere second later I find myself thinking about centuries of arranged marriages in other parts of the world. People checked a lot of things about potential spouses – parents, upbringing, education, class – apart from letting them MEET each other as well.

I am not a person who likes to argue, I am a person who likes to discuss, though. (Isn`t there always a BUT to anything you might say?) In this case I`d like to exchange ideas. I know I am no match for this author – neither intellectually nor concerning the flexibility of one`s mind, but still: Let`s talk Malcolm Gladwell!

Automatismus

Ich kann mit zehn Fingern auf der Tastatur schreiben – eine Tastatur aus dem Gedächtnis aufmalen könnte ich nur mit großer Anstrengung.

Mein Deutsch ist fehlerlos – die grammatischen Strukturen dahinter schüttele ich nicht ebenso aus dem Ärmel.

Eine meiner Töchter kann die meisten Klavier-Akkorde in jeder Umkehrung ohne Überlegung spielen – sollte sie die einzelnen Tasten aufzählen, müsste sie sich sehr konzentrieren.

Mein Autofahren funktioniert (inklusive der Verkehrsregeln) ohne aktives Nachdenken – aber eine Führerschein-Prüfung würde ich heute sicherlich nicht bestehen.

Automatismen brauchen vor allem eins: viel Übung.

Zu deutsch

Ich mag Regeln, ich bin in dieser Frage sehr deutsch. Ich mag allerdings keine Regeln, die mir nicht einleuchten, meines Erachtens unnötig sind und meinen Alltag verkomplizieren: Im Kindergarten meines jüngsten Sohnes mussten die Kinder punktgenau um 12 abgeholt werden – zu früh sollte man nicht erscheinen, um die Abschiedszeremonie nicht zu stören; zu spät kam erst recht nicht in Frage. Mir leuchtete diese Regelung nicht ein, ich empfand sie als unnötig und meinen Alltag verkomplizierend. Außerdem spürte ich den Versuch der Erzieherinnen, mich zu erziehen – so als müssten die Eltern in die richtige Spur gebracht werden. Dass die Erzieherinnen meines Sohnes beide jung und kinderlos waren, machte die Sache nicht leichter.

Ich weiß, dass Regeln fast immer von außen kommen; die wenigsten setzen wir uns selbst. Ich weiß auch, dass diese Abmachung (wenn auch einseitig beschlossen) aus Sicht der Erzieherinnen ihre Berechtigung hatte, einen Sinn erfüllte – und nicht darauf abzielte, mich zu maßregeln. Dennoch fiel es mir sehr schwer, mich ihr klaglos zu beugen: Ich ärgerte mich fast täglich über sie – vor allem im Winter oder bei Regen. Es hätte so gut anders laufen können: Abschlusskreis eine Viertelstunde früher, zum Abholen eine Gleitzeit von zehn Minuten – alle wären zufrieden gewesen!

Noch fünf Jahre später denke ich manchmal daran, wie sehr mir „zu deutsch“ gegen den Strich geht.

Lego – für jung und alt

Ich behaupte: Nicht viele Kinder in Deutschland kommen ohne Lego-Spielzeug durch ihre Kindheit. Das ist wahrscheinlich so, seit es diese Bausteine gibt. Es gibt sie in groß und klein und in allen möglichen Farben und Formen – Variabilität steigend. Unverändert ist die Beliebtheit von Lego-Bausätzen bei Kindern. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass Eltern in regelmäßigen Abständen vorhandene Lego-Bestände sichten, sortieren und auf Vollständigkeit kontrollieren. Sonst macht Lego-Bauen nämlich wenig Spaß.

Ganz charakteristisch ist das Geräusch, das entsteht, wenn man (möglichst viele) Legosteine durchwühlt – auf der Suche nach einem ganz bestimmten Teil. Es ist kein schönes Geräusch: Der junge Lego-Bauer nimmt es als unvermeidbaren Nebeneffekt gern in Kauf; für den erwachsenen Lego-Sortierer ist es Krach.

Zeugnisnoten

Die Zeugnisse meiner Kinder sind immer Anlass zur Freude – und trotzdem relativ unwichtig für mich. Auch ohne Zensuren kenne ich das Vermögen und Bemühen meiner Kinder und ahne, wozu sie in der Lage sind: Ich kenne die Zeit, die in Vokabeln geflossen ist oder in das mathematische Problem, das man nur durch Übung in den Kopf bekommt. Auch weiß ich von so mancher knappen Note in einer Klassenarbeit, von der (vergleichsweise) ungerechten mündlichen Bewertung oder der Ratlosigkeit in einem Fach wie Chemie. Letztlich sind mir auch die vielen Dinge nicht verborgen, die außer Schule noch laufen: Das Engagement für Musik, Sport, Freunde und das daraus folgende immense Bedürfnis nach Entspannung. Manches spiegelt sich in den Noten wider, manches nicht – sowohl zugunsten der Kinder als auch zu ihren Ungunsten.

Irgendwann wird jedes meiner Kind ein Abschlusszeugnis erhalten und sich damit präsentieren oder bewerben müssen. Wer meine Kinder nicht kennt, muss sich an diesem Zeugnis orientieren – für ihn ist es relativ wichtig. Er wird sehr wahrscheinlich immer ein bisschen falsch liegen mit seiner Einschätzung des Menschen, der sich dahinter verbirgt. Es ist klar: Ich wünsche meinen Kindern ein gutes Abschlusszeugnis. Aber noch mehr wünsche ich ihnen Menschen, die über die Noten hinaus Interesse an ihnen haben.