Elternabend

Elternabende sind ein Kapitel für sich, immer für eine Überraschung gut, bieten die Möglichkeit für interessante Sozialstudien, haben ein hohes Potential für völlig unnötige Auseinandersetzungen, können wunderbar glatt laufen und Momente für kollektives Fremdschämen schaffen. Sie spiegeln glücklicherweise nicht unbedingt das Klima innerhalb der Schülerschaft wider, sind manchmal kurz- und manchmal langweilig, stellen die moderierende Lehrkraft bisweilen vor unerwartete Herausforderungen, folgen einem gewissen Regelwerk und sorgen hinterher für Gesprächsstoff in der Familie.

In der vergangenen Woche besuchte ich zwei solcher Veranstaltungen; eine zum Vergessen, die andere zum Erinnern: Ein sympathischer neuer Klassenlehrer mit der Gabe, nicht zu viele treffende und informierende Worte zu finden; eine Elternschaft, die sowohl dem Lehrer als auch einander mit großem Wohlwollen begegnet; Menschen, die gern Verantwortung übernehmen, und andere, die ihnen diese gern übertragen; ein früher Abschluss in freundlicher Atmosphäre. Es ist nicht so, dass ich Elternabende vermissen werde, wenn die Zeit anbricht, in der ich zu keinem mehr eingeladen werde. Dennoch, der letzte war einer, der den Gedanken auslöste: So geht es also auch!

Ablenkungsmanöver

In unserem Sommerurlaub an der Küste war das Wetter dieses Jahr sehr kühl und windig, nicht sommerlich genug für den Strand. Das hielt mich nicht davon ab, ein Eis zu essen – etwas, was ich mir eher im Urlaub gönne als im Alltag. Der Italiener vor Ort hatte so interessante Sorten wie Erdnuss oder Karamell – jeweils mit Salz. Offen für Neues nahm ich zwei Kugeln und schlenderte mit meiner Eistüte durch die (Gras-)Dünen in Richtung Strand. Lecker war das Eis, entspannt war ich. Bis von hinten ein Möwenschwarm heranrauschte und ein Exemplar dieser erstaunlich großen Vögel bedrohlich nah an mir vorbeiflog. Alles, was ich danach noch in der Hand hielt, war das leere Drittel meiner Eistüte.

Andere Touristen, die mir entgegenkamen, lächelten mich wissend an und hatten die ganze Aktion interessiert – und leicht amüsiert – beobachtet. Wieder zu Hause berichtete ich davon und erntete Ausdrücke wie: „Ja, das hab`ich auch schon gehört, dass man aufpassen muss. Möwen klauen alles: Eis, Pommes, Fischbrötchen.“ Hinterher schickte mir einen Freundin einen Artikel aus dem Spiegel, in dem von einem „einfachen Kniff“ gegen räuberische Möwen berichtet wird. Man solle die Tiere anstarren, dann sinke die Wahrscheinlichkeit, dass sie zum Angriff übergehen.

Sehr witzig: Dieser Rat lässt sich schwer in die Tat umsetzen, wenn die Möwen von hinten kommen! Ich hatte erst Gelegenheit, die Möwe anzustarren, als sie sich mit meinem Eis davonmachte. In demselben Artikel wurde auch ein Fischkutter-Betreiber interviewt, der schon sein Leben lang Möwen beobachtet. Er sagte, er habe den Eindruck, die Vögel hätten sich taktisch weitergebildet und würden jetzt zusammenarbeiten. Eine Möwe schreie und lenke das Opfer ab, eine andere schlage zu. Stimmt, genau so wars! Ein ganzer Schwarm lenkte mich ab – aber das wäre gar nicht nötig gewesen: Das eigentlich ablenkende Möwen-Geschrei war für mich angenehmer Bestandteil der Urlaubsstimmung mit Meer-Atmosphäre und Eis vom Italiener…