Mein Sohn und ich fuhren mit dem Rad in die Stadt. Vorher hatte es mehrfache Anfragen seinerseits gegeben, ob wir nicht das Auto nehmen könnten. Da es sich um einen Weg von etwa fünf Kilometern handelt und es zudem nach einer Regenpause aussah, war meine Antwort klar. Also strampelten wir den einzigen Hügel hinauf, der unsere Wohnsiedlung von der Innenstadt trennt, böiger Wind von überall, links und rechts dunkle Wolken am Himmel (Aprilwetter im März eben) und mein Sohn meinte: „Das ist richtig gutes Wetter zum Autofahren.“
Interessanter Weise hat „gutes Wetter zum Autofahren“ keine eigenen Attribute wie Sonnenschein und strahlend blauer Himmel, sondern erklärt sich einzig und allein durch „ungemütlich zum Fahrradfahren“. Im Grunde ist also jedes Wetter „gut zum Autofahren“; denn „gutes Wetter zum Fahrradfahren“ wäre Sonne, warme Temperaturen (aber nicht zu warm) und kein Wind (außer bergauf, dann aber von hinten). Das Fenster ist eng: Es ist oft windig, es ist schnell zu warm, Sonne kann auch blenden und Autofahren ist einfach cooler.
Kurze Zeit später, es regnete noch nicht, ergänzte mein Sohn: „Ihr seid so richtige Ökos!“ Er meinte es nicht als Kompliment, und seine Öko-Kategorie hat eine sehr niedrige Eintrittsschwelle. Es reicht, normalerweise das Fahrrad zu nehmen, sich beim Einkaufen keine Plastiktüten geben zu lassen, keine Fertiggerichte zu kaufen und stattdessen selbst zu kochen, wenig Fleisch und viel saisonales Gemüse zu essen und insgesamt bedacht zu konsumieren. Vielleicht kommt es noch ganz gut, nicht in den Urlaub zu fliegen. Im Grunde reicht es, so zu leben, wie die meisten lebten, als wir nicht Eltern, sondern Kinder waren. Damals war „Ökos“ ein Status, der sich nur mit viel Hingabe und großer Konsequenz erreichen ließ. Ich bin gespannt, welche Zuordnung ich mir in weiteren 40 Jahren erarbeitet haben werde – ohne dass ich meine Lebensweise großartig ändern muss.