Letzte Hoffnung: Aprilscherz

In der Zeitung steht, dass die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft den Religionsunterricht abschaffen will. Es kann sich nur um einen ganz schlechten Witz handeln – oder, so hoffe ich, um den diesjährigen Aprilscherz! Es wäre das erste Mal, dass ich gern reingelegt werden würde: Normalerweise bin ich das perfekte Opfer; mit der Art Humor kann ich nichts anfangen. Die Abschaffung des Religionsunterrichtes zugunsten eines gemeinsamen Faches Ethik würde ich noch weniger verstehen. Christliches Abendland – April, April?

Schlafend lernen …

Ich schlafe selten durch. Als das anfing, war ich oft müde und hielt diesen Zustand für ziemlich unerträglich. Heute, fast vier Jahre später, hat sich nicht viel geändert: Ich schlafe noch immer selten durch, bin entsprechend müde und wünschte es mir anders.

Aber ich lebe noch, gar nicht so schlecht sogar, und bin sehr dankbar für jede gute Nacht. Was lehrt mich das? Ich halte praktisch mehr aus, als ich theoretisch denke – und schätze sehr, was ich früher für selbstverständlich hielt.

Angesagt angezogen

Auf dem Weg zur Arbeit fahre ich an einer Bushaltestelle vorbei. Da stehen sie, die jungen Menschen: mit Kurzhaarschnitt, in schwarzer Steppjacke und viel zu weiten Jeans. So trägt man das heute. Unförmig sehen sie aus in den Klamotten und ein bisschen verloren – aber alle gleich. Ich nehme an, auch wir waren als Jugendliche Anhänger bestimmter Trends. Manche Menschen sind es in der Lebensmitte immer noch. Das Alter ist keine Garantie, sich zwar stylisch, aber nicht im eigenen Stil zu kleiden.

Kaffee, einfach

Es ist weitaus komplizierter geworden, Kaffee zu kochen. Wer von `richtig guter Kaffee´ spricht, meint in der Regel nicht mehr den von Oma: Stattdessen kommen super teure Maschinen zum Einsatz, die Bohnen mahlen und mit Hochdruck heißen Wasserdampf durch das Pulver jagen. Oder so.

Mein alter Freund aus Schulzeiten verwendet für seinen Kaffee einen Espressokocher für den Herd; die Milch dazu schäumt er händisch auf. Wenn wir uns einmal im Jahr treffen, freue ich mich über leckeren Cappuccino und über seine Geduld bei der Zubereitung.

Zu Hause benutzen wir eine einfache Filtermaschine. Die erste Tasse am Morgen ist die beste. Sie schmeckt hervorragend – vielleicht wegen der Kaffeesahne? Ich bin wohl ein Kaffee-Banause.

Es sei denn … (vom Fliegen)

„Sie fliegen nicht …“, erzählt eine Freundin, „… es sei denn, sie fliegen doch“, ergänzt ihr Mann. „Nun ja, eigentlich fliegen sie nicht“, nimmt seine Frau ihre Bekannten in Schutz. „Kann sein“, sagt ihr Mann, „aber letztens waren sie in New York.“ Es sei denn, sie fliegen doch, trifft es also ganz gut.

Er oder sie?

Eine Freundin von mir ist Lehrerin. Für einen ehemaligen Schüler musste sie kürzlich das Zeugnis neu ausstellen, weil er neuerdings eine Frau ist und anders heißt. Es war eine langwierige Prozedur, weil die Schule inzwischen mit einem anderen Computerprogramm arbeitet. Noch immer ist meine Freundin froh, dass sie das hinbekommen hat. „Inzwischen will er Lokführerin werden“, erzählt sie zum Abschluss. Man kann schon mal durcheinanderkommen; es ist kein böser Wille, und wir schmunzeln. Gut, dass er, nein sie, nicht da ist.

Wenn (und) überhaupt

„Wenn ich eins kann“, fange ich an, und schon schüttelt mein Mann den Kopf, „dann ist es, unsere Vorräte im Blick zu behalten“, fahre ich leicht irritiert fort. „Jaja, mach dich nur klein“, sagt er, „wenn du überhaupt etwas kannst …“ Es ist interessant, was er heraushört aus meinen Worten, die total positiv gemeint waren – in meiner Wahrnehmung fast schon stinkend nach Eigenlob. Für meinen Mann klingen sie, als würde ich mein Licht unter den Scheffel stellen.

Ich gebe zu, dass ich mir wahrscheinlich eher weniger zutraue als mehr. Vor Jahren las ich einen Artikel zu dem Thema: Diese etwas verzerrte Selbstwahrnehmung findet sich anscheinend eher bei den Ostdeutschen. Wenn ich mich richtig erinnere, ging es um zwei Universitätspräsidenten – die einzigen, die aus dem ehemaligen Osten kamen. Damals fühlte ich mich bestätigt und gar nicht schlecht. Abgesehen davon, dass ich offenbar nicht aus meiner Haut kann, bin ich gar nicht so unglücklich mit diesem Charakterzug: Wenn überhaupt irgendwie, werde ich lieber als zu bescheiden wahrgenommen, als dass man mich für einen überheblichen Schaumschläger hält.

Etwas Großes!?

Der Sohn eines Models hat es erstmals auf die Cover-Seite eines Magazins geschafft, lese ich in der Zeitung. Seine Mutter sagt dazu, das sei ein `unglaublicher Meilenstein´, es mache sie `sehr stolz´ und: Sie habe immer gewusst, dass er `zu etwas Großem bestimmt´ sei.

Ich verstehe es, wenn man stolz auf seine Kinder ist. Die namentliche Erwähnung meines Sohnes in der Zeitung im Zusammenhang mit einem Fußballspiel hat mich erfreut – vor allem für ihn. Er war damals 14 oder 15. Stolz machte mich weniger sein Erfolg, als dass er klaglos, verlässlich und ausdauernd trainierte und wie fair und mannschaftsdienlich er spielte. Denn insgesamt ist es mir wichtiger, wie menschlich-sozial sich unsere Kinder verhalten und benehmen. Allerdings kommt man damit in der Regel nicht in die Zeitung, geschweige denn auf die Titelseite eines Modemagazins.

Kenn ich, weiß ich, war ich schon

Es ist mir suspekt, wenn jemand auf alles eine Antwort hat und in großer Unbescheidenheit davon berichtet, wie die Welt funktioniert. Wer den Irrtum für sich selbst ausschließt, rennt bei mir mit seinen Überzeugungen keine offenen Türen ein: Natürliche Autorität kann man nicht für sich in Anspruch nehmen, man muss sie sich verdienen, finde ich – Bescheidenheit ist ein guter Anfang.

Kein Gemüse? 

Ein Freund meiner Schwester ist Orthopäde. Ich frage ihn manchmal um Rat, diesmal wegen meiner Arthrose im Daumensattelgelenk. „Schonen“, sagt er unter anderem, „alles vermeiden, was reizen könnte.“ Ich muss mich vergewissern, ob ich ihn richtig verstanden habe. Wie soll ich bitte den Daumen meiner linken Hand schonen, wenn ich ihn für fast jeden Haltegriff benötige – zum Gemüseschnippeln zum Beispiel? „Kein Gemüse“, ist seine trockene Antwort, „bis auf weiteres jedenfalls.“ Das ist keine Alternative für mich. Ganz kurz schießt mir das Wort Haussklave durch den Kopf – völlig unangemessen, geradezu absurd. Meinen Großmüttern wäre das im Traum nicht eingefallen; ich schäme mich. Es bleibt also nur eins, weitermachen wie bisher, Orthopäden-Rat hin oder her.