Nur eine Rücksendung

Ich muss eine Rücksendung abschicken. Weil ich Papier sparen möchte, entscheide ich mich für die Variante, bei der man nur eine Nummer auf das Original-Adress-Etikett schreibt. Mit Rad und Anhänger fahre ich los – das Paket ist groß, und ich will hinterher noch einkaufen. Bei der Post stelle ich fest, dass man Pakete dieses Lieferdienst an der Tankstelle abgeben muss. Also fahre ich weiter und erfahre, dass die von mir eingetragene Nummer offenbar falsch ist.

Für die richtige Nummer oder ein Retouren-Etikett muss ich wieder nach Hause radeln. Dort entscheide ich mich für das Etikett und fahre zum zweiten Mal mit meinem Paket durch die Gegend. Diesmal klappt es: Endlich ist der Anhänger leer, ich kann einkaufen fahren.

Das Ganze dauert und nervt ein wenig, bringt mich aber auch zum Schmunzeln: Ich erinnere mich an eins meiner Lieblingsbücher von Sven Nordqvist – „Eine Geburtstagstorte für die Katze“. Darin entscheidet Kater Findus am Morgen, dass er (mal wieder) Geburtstag hat und Petterson eine Torte backen soll. Der hat nichts dagegen; allerdings stoßen sie auf einige Hindernisse: Ihnen fehlt Mehl, also müssen sie einkaufen fahren. Aber das Rad ist platt. Das Werkzeug zum Flicken liegt im Tischlerschuppen – und der ist verschlossen. Den Schlüssel finden sie nach kurzer Suche im Brunnen. Um ihn hochzuziehen, brauchen sie die Angel vom Dachboden. Auf den Dachboden kommen sie nur mit der Leiter. Die jedoch steht hinter dem Schuppen – auf der Weide, auf der ein wütender Stier grast. Einfallsreich lenken sie den Stier ab und tragen die Leiter nach Hause.

Jetzt endlich können sie loslegen: Angel vom Dachboden besorgen, Schlüssel angeln, Rad flicken, Mehl kaufen, Eier aus dem Hühnerstall holen und (schließlich!) eine Torte für Findus backen. Alles passiert ohne viel Ärger und in großer Gelassenheit – nur Findus ist etwas ungeduldig. Beide genießen am Ende ihre Torte und verlieren kein Wort mehr darüber, wie viel Arbeit sie damit hatten.

Das Buch wirkt wie aus der Zeit gefallen; von Instant-Befriedigung ist dort nichts zu spüren. Es beschreibt herrlich die Tage, an denen nicht auf Anhieb alles glatt läuft. Trotzdem können es ganz wunderbare Tage sein – wenn man sich nicht dem Ärger hingibt, sondern einfach tut, was getan werden muss.

Solche Tage

Es gibt solche und solche Tage. Die einen sind gut oder besser – zufriedenstellend ermüdend, ausgefüllt, durchzogen von Teil-Erfolgen und Gelächter. Idealerweise: Wir streiten kaum, ich schaffe, was ich mir vornehme, und habe Zeiten der Muße.

Andere Tage fangen normal an und dann kommt sie, die Herausforderung. Verkleidet als überraschende Erkrankung (besonders unangenehm: Magen-Darm-Geschichten), ein Anruf aus der Schule („Ihr Kind hat eine Platzwunde!“), die Waschmaschine pumpt nicht ab, Genervtheit aufgrund von Schlafmangel, Streit mit meinem Liebsten oder ähnliches. Ich stolpere dann so dahin, der Tag gewinnt eine Eigendynamik, die ich nicht kontrollieren kann. Wenn ich abends ins Bett gehe, bleibt ein Rest von „nicht erledigt“ und „fremdbestimmt“. „Huch, was war das?“, ist dann der letzte Gedanke – berechtigt zuversichtlich, dass es morgen besser läuft.

Und dann sind da noch diejenigen Tage, an denen ich selbst zu nichts Lust habe, das Miteinander in der Familie durchzogen ist von Streit und Lärm, ich von einem Kind angelogen werde (und gleich meine gesamte Erziehungsfähigkeit in Frage stelle), das gute nachbarschaftliche Verhältnis durch eine blöde Meinungsverschiedenheit belastet wird, eine volle Ölflasche in der Küche auf dem Boden zerschellt, ich durchs Telefon von der ernsten Erkrankung eines lieben Menschen erfahre, das Auto nicht durch den TÜV kommt, ich mir beim Essenkochen böse in den Finger schneide oder mich beim Bügeln verbrenne …

Meist passiert nicht alles auf einmal, ich weiß. Aber einiges davon geschieht gern mal innerhalb kurzer Zeit. Solche Tage gibt es eben auch. Solche Tage sind eben auch meine Lebenszeit. Sie schmecken mir nicht, sie müssen einfach ertragen werden.