Der erste Zweig und das halbe Nest

Der erste Schritt ist der halbe Weg, sagen wir uns und nutzen zwei schöne Nachmittage für kleine Herbst-Einsätze im Garten. Am zweiten Tag widmen wir uns dem Efeu an der Terrasse, Motto: ein bisschen die Treppe frei-schneiden. Dabei finden wir ein vor Jahren verlassenes Vogelnest. Nicht zum ersten Mal staunen wir über dieses stabile Kunst-Werk. Wie genau machen die das, fragen wir uns, wie fangen sie an die Vögel? So ganz ohne Hände muss so ein Nestbau schwer sein, denken wir, und viel Geduld erfordern und Ausdauer. Schließlich fängt jedes Nest an mit einem Zweiglein – aber wie bitte bleibt das liegen? Ob der Vogel ahnt, dass der erste Zweig nur ein klitzekleiner, mühseliger Start ist, dem eine fleißige Bau-Phase folgen muss?

Während unser Rückschnitt-Aktion beschließen wir spontan, uns ganz von dem Efeu zu trennen. Auch die verholzten Efeu-Ranken müssen weichen; wir kappen die Verbindung direkt oberhalb der Wurzeln. Der Berg der zu häckselnden Biomasse wächst schnell; der Häcksler und ich, wir geben unser Bestes, kommen aber nicht hinterher. Dennoch ist am Ende des Sams-Tages alles abgeschnitten und fast alles gehäckselt – und meine Stimmung nach einigen Tiefpunkten wieder im grünen Bereich. NUR (haha) die Wurzeln selbst sind noch unberührt. Nach 20 Jahren ähneln sie dem Teil des Eisberges, der die Spitze trägt, aber in seiner umfassenden Größe unsichtbar bleibt. In diesem Fall ist der erste Schritt bei weitem nicht der halbe Weg, sondern nur ein klitzekleiner, mühseliger Start. Wir ahnen: Da kommt noch einiges auf uns zu …  

Inspiration (2): Schritt für Schritt

„Ein Betrübter hat nie einen guten Tag; aber ein guter Mut ist ein tägliches Fest.“
Sprüche 15, 15

Der abenteuerlustige Autor, dessen Buch mir zu Weihnachten geschenkt wurde, bekam in sehr jungen Jahren die Worte „Schritt für Schritt“ mit auf den Weg: Zu dem Zeitpunkt war er 17 Jahre alt und ohne Schulabschluss. Sein Denken reichte nicht über den einzelnen Tag hinaus; hinsichtlich seiner Zukunft war er ahnungslos und frustriert. Damals ermutigte ihn dieser Rat, überhaupt loszuziehen; 30 Jahre später hilft ihm „Schritt für Schritt“ noch immer, sich von Herausforderungen nicht einschüchtern zu lassen.

Ich bin dankbar, dass ich das Buch gerade zum jetzigen Zeitpunkt geschenkt bekommen habe. Das Jahr hat gerade erst begonnen, und schon erscheint es mir zu voll.

Tagesgeschäft:
Abgesehen von „Beruf“, Haushalt und Gemeinde gibt es Projekte, die mich nicht nur praktisch beschäftigen, sondern auch gedanklich. Die Beziehungen zu Mann und Kindern brauchen meine Zeit. Dasselbe gilt für Freundschaften – und meine eigene Ausgeglichenheit.

Jahresspezifische Extras:
Im Kalender stehen schon einige Auswärts-Wochenenden – runde Geburtstage, Treffen mit Familie und Freunden. Unsere eigenen Geburtstage sind ebenfalls geeignet, eine Menge Leute einzuladen – und teilweise tun wir es. Die Pläne der Kinder für Unternehmungen sind vielfältig und betreffen (oft noch) die ganze Familie.

Persönliche Sonderwünsche und -Vorhaben:
Fotobücher gestalten, an einem Tanzkurs teilnehmen, ein Buch schreiben, mich allein aufmachen und meine Komfortzone verlassen (diesmal ohne zu fliegen?), vielleicht doch mal wieder ans Klavier setzen?

Für alles scheint meine zur Verfügung stehende Zeit nicht auszureichen. Und ich denke: „Mir ist schon jetzt alles zu viel!“

Was tun? Schritt für Schritt, eins nach dem anderen, manches vielleicht auch parallel – und dann währenddessen und hinterher staunen, was alles möglich ist.