Nur begrenzt vergleichbar!

Abends im Bett mache ich eine falsche Drehung und meine Kniescheibe springt aus ihrer Führung – völlig unerwartet. Die Schmerzen und meine Bewegungsunfähigkeit erinnern mich an die Geburten meiner Kinder, nur anders. Ich fühle mich hilflos und schreie. Nach gefühlt sehr langen zwei Minuten rutscht die Kniescheibe von allein wieder rein und alles ist wieder gut. Auch dieses abrupte Ende des Schmerzes ist so ähnlich wie am Ende einer Geburt, nur anders. Ich bin total erleichtert und erschöpft.

Am nächsten Tag schleppe ich zwar kein Baby mit mir herum, aber mindestens ein instabiles Knie: Ich bin vorsichtig und wage mich nicht auf meine Laufrunde. Der Verstand vergisst die Intensität der Schmerzen schnell; der Körper wird noch ein paar Tage brauchen, bis er wieder auf `wie vorher´ umschaltet. Das allerdings ist mit der Geburt eines Kindes nicht zu vergleichen!

Zeh-Beben

Jeder ist schon mal mit dem kleinen Zeh irgendwo hängengeblieben. Bettfüße, Türen oder Türrahmen sind besonders geeignet dafür – der Schmerz ist immer derselbe: Unerwartet, sehr stark, sich in Windeseile ausbreitend über den ganzen Fuß – mit dem Epizentrum im kleinen Zeh. Erst nach einem langen Moment klingt das Schmerz-Beben ab.

Manchmal mag der Zeh gebrochen sein, meist tut er einfach nur fies weh. Wie auch immer, der Effekt ist allumfassend: Aus dem vollen Lauf oder dem müden Geschlurfe wird ein plötzliches Innehalten; Geist und Körper sind hellwach und fokussiert darauf, den Schmerz auszuhalten.

Leider ist in solchen Fällen fast nie jemand da, dem man die Schuld geben könnte. Leider verschulden wir derartige Zusammenstöße fast immer selbst – durch Unaufmerksamkeit, Müdigkeit oder schlicht durch Eile. Nur sehr emotionale Menschen machen den Türrahmen (oder so) verantwortlich und schreien nicht nur ihren Frust heraus, sondern auch den „Verursacher“ an…

Abgeklärt

Ich habe einen Auswuchs am linken Schienbein. Dieser wurde vor langer Zeit als gutartiger Knochentumor diagnostiziert. Ich kann mit ihm leben; er schmerzt hin und wieder und nervt vor allem beim Rasieren. In den letzten Monaten spüre ich ihn verstärkt – beim Laufen. Grundsätzlich denke ich, mit gewissen Beeinträchtigungen muss man einfach leben. Mein gutartiger Knochentumor ist mir eher lästig, als dass er mich beunruhigt.

Eine meiner Töchter und mein Mann reden schon eine Weile auf mich ein, ich solle abklären lassen, ob sich dieses gutartige Gebilde verändert, und haben mich zu einem Arzttermin überredet. Während ihrer Überzeugungsarbeit ist es mir selbst immer dringlicher geworden, das Ganze abklären zu lassen. Der Orthopäde hat geröntgt und mich zum MRT überwiesen. Diese Untersuchung ist aufwendig, die dafür verwendeten Geräte sind teuer: In der Röhre schon fragte ich mich, ob das alles nötig ist. Danach die (beruhigende) kurze erste Aussage des Radiologen: „Treiben Sie Sport? Tut es vor allem unter Belastung weh?“ Mein gehauchtes „Ja!“ beantwortet er mit einem gemurmelten (oder genervten?): „Ich kann auf der Aufnahme nichts sehen, wahrscheinlich Tibia-Vorderkanten-Syndrom, Sie haben nichts.“

Ich fahre nach Hause. Beruhigt – und beschämt. Deswegen bin ich zum Arzt gegangen? Zu zwei Ärzten sogar! Röntgenaufnahme, MRT, Gespräche mit beiden Medizinern – und demnächst habe ich noch einen weiteren Termin beim Orthopäden, wenn dieser den Befund erhalten hat. Meine Oma wäre wegen solch einer Lappalie nicht zum Arzt gegangen, wahrscheinlich hätte sie die Schmerzen an sich überhaupt nicht erwähnt. Nächstes Mal behalte ich meine körperlichen Zipperlein für mich. Manches davon ist altersbedingt: Wenn es nicht von allein wieder weggeht, muss man damit leben. Ich bin hinterher so schlau wie vorher!