Immer mit dem Rad … 

Mein Jüngster ist mit einem Klassenkameraden verabredet – um ein Referat vorzubereiten. Logischerweise ist er nur eingeschränkt motiviert, sich auf den Weg zu machen. Der Junge wohnt etwa elf Kilometer von uns entfernt; mein Sohn geht davon aus, dass ich ihn hinbringe. Ich schlage das Rad vor – und ernte ungläubige Blicke. Seinen Ärger äußert er sowohl lautstark: „Immer mit dem Rad, schön an der frischen Luft …“, aber vor allem mit nachdrücklichen Tritten in die Pedale. Gut dass er in meiner Nähe bleiben muss, weil er nicht genau weiß, wo es langgeht: Mit dem entschlossenen Fahrtempo eines ungehaltenen Teenagers könnte ich sonst nicht mithalten.

Ich persönlich genieße die Tour: Wir wohnen in einer sehr hügelarmen Gegend; die Strecke führt uns zum Teil abseits der Straßen quer durch die Feldmark. Außerdem haben wir den Wind im Rücken – und ich versuche, nicht an meinen Rückweg zu denken.

Nach einer halben Stunde sind wir da. Jetzt kennt er den Weg, und wir beide wissen, dass die Strecke keine Überforderung für einen 14-Jährigen ist. Um es mir nicht vollends mit ihm zu verscherzen, werde ich ihn abends mit dem Auto abholen. Dieses Mal jedenfalls.

Mit dem Rad?

Klimaschützer wollen alles Mögliche verändern: Heizungen, Auto-Antriebe, den öffentlichen Nahverkehr. Dazu fordern sie, dass von Staats wegen stärker vorgeschrieben wird, wie der Einzelne sich verhalten sollte. Grundsätzlich bin ich für Klimaschutz, aber staatlich verordnete Auflagen sehe ich eher skeptisch. Stattdessen wünschte ich mir, dass individuelles Pro-Klima-Verhalten belohnt und gefördert wird – nicht nur teure Investitionen in Solaranlagen und erneuerbare Energien. 

Nehmen wir die Mobilität. Der öffentliche Nahverkehr auf dem Land oder in Kleinstädten ist weniger gut ausgebaut als in der Großstadt. Entsprechend fahren bei uns und im Umland einige Leute mit dem Rad und viele mit dem Auto. Es ist teuer, Buslinien einzurichten, mit denen kaum einer fährt. Günstiger ist offensichtlich die Einführung von Fahrradstraßen: Sie sollen den Umstieg aufs Rad attraktiver machen. Das ist gut gedacht – reicht aber nicht aus. Denn das Problem liegt meiner Meinung nach woanders: Wichtiger wäre es, Radfahrer und ihre Bedürfnisse überall und überhaupt zu beachten: Ein überraschender Wetterumschwung sorgte am vergangenen Samstagmorgen für verschneite Straßen sowie Rad- und Gehwege. Das Räumfahrzeug schob den Schnee von der Straße – wie immer – auf den daneben liegenden Radweg. Logischerweise fahren dann nur noch diejenigen Rad, die das ohnehin tun: weil sie kein Auto haben oder dieses aus Überzeugung stehenlassen. Für die anderen braucht´s bei schlechtem Wetter mehr als ein paar Fahrradstraßen …