Für den ganzen Menschen

Pilates stabilisiert den Rumpf und hält die Wirbelsäule beweglich. Aber die wöchentliche Trainingsstunde ist auch gut für meine Seele: Die Hinweise unserer Trainerin sind immer hilfreich, aber oft schwer umsetzbar. Ich quittiere sie meist mit einem leicht gequälten „Ach ja“-Seufzen und bemühe mich NOCH MEHR. Nicht so eine Mit-Turnerin, die einen wohl gemeinten Rat mit den Worten kontert: „Wenn ich keine anderen Probleme hätte, würde ich das glatt machen.“ Wir brechen in lautes Gelächter aus. Das stärkt nicht den Rumpf und hält auch die Wirbelsäule nicht beweglich, aber es entspannt den ganzen Menschen und erheitert die Seele. Selbst Tage später lächele ich noch bei der Erinnerung daran.

Hinkriegen

„Werde ich das jemals richtig gut hinkriegen?“, frage ich mich. In Form eines „Vs“ kontrolliert auf dem Boden zu sitzen (Beine und Oberkörper schön im 45 Grad Winkel), ist auch nach zehn Jahren Pilates-Training kein Kinderspiel für mich. Pilates ist nichts, was man lernt, ausübt und irgendwann beherrscht: Einige Übungen bleiben schwierig oder sogar unmöglich korrekt zu bewältigen. Nicht umsonst ist die V-Übung, der sogenannte Teaser (teaser = harte Nuss), für mich kein Spaziergang.

Die Tagesform ist entscheidend, aber auch die ganz persönliche Anatomie. Eine Übung gut zu beherrschen, hängt eben nicht davon ab, wie regelmäßig ich laufe oder wie körperlich fit ich mich fühle. Eine 1+ in Pilates gibt meine Wirbelsäule nicht her. Meist kriege ich den Teaser irgendwie hin, aber „gekonnt“ sieht anders aus. Heute lief es nicht so toll, ich hatte schon bessere Versuche. Hinkriegen ist nicht gleich hinkriegen.

Pilates

Bei Pilates dreht sich alles um die Körpermitte. Es geht darum, die Muskeln der Rumpfmuskulatur gezielt anzuspannen und zu entspannen. Letztlich soll dieses Training dabei helfen, die Wirbelsäule beweglicher zu machen und die Körperhaltung zu verbessern. Pilates tut gut, ist aber nicht so einfach. Es ist schon schwierig zu spüren, welche Muskeln genau gemeint sind. Noch schwieriger ist es, diese dann gezielt anzusteuern. On top: Bestimmte Bewegungen während der Übungen unterbrechen (und erschweren) das Anspannen der Muskeln.

Mit den Jahren sind die Muskelgruppen auf diese Unterbrechungen besser vorbereitet, die Übungen werden dafür komplexer: Die Herausforderungen bleiben dieselben.

Auch Gespräche sind wie Pilates, jedenfalls Gespräche mit Kindern. Gespräche mit Kindern tun gut, sind aber nicht so einfach. Erzählstränge können noch so interessant sein – Kinder-Fragen kommen trotzdem und an unerwarteter Stelle, leiten abrupte Themenwechsel ein und fordern mich heraus.

Mit den Jahren bin ich auf diese Unterbrechungen besser vorbereitet, die Fragen werden dafür komplexer: Die Herausforderungen bleiben…