Gespür

Langes Wochenende durch bewegliche Feiertage, schlechtes Wetter: Die Kinder sind den ganzen Tag zu Hause, lungern rum und reden viel. Wir haben kaum Raum fürs Alleinsein. Nachmittags muss der Jüngste zu einem Geburtstag, wir bringen ihn zu Fuß dorthin. Er redet die ganze Zeit, kommentiert alles, erklärt, erzählt, fragt. Ich bin leicht angestrengt und schmunzele über die Komik der Situation: Wir haben das Haus verlassen, können aber die Beschallung nicht abschütteln. Gerade redet er von einem Kran – und wie viel leichter dieser zu bedienen ist (per Fernbedienung) als ein Helikopter. Irgendwann kann ich das Lachen nicht zurückhalten. Er sagt: „Naja, der Kran kann ja nicht fliegen.“ Ich lache mich schlapp, sage „Genau“, bin aber entbunden davon, zu sagen, warum ich eigentlich lache.

Abends im Bett gibt es wieder Gelächter, weil mein Sohn kurz vor dem Einschlafen zum x-ten Mal seine Geburtstagswünsche schildert – in aller Ausführlichkeit. Er: „Du lachst wie heute Morgen, als wir an dem Kran vorbei gingen und du lachen musstest, weil der nicht fliegen kann. … Ich dachte, du lachst, weil ich durchgehend rede.“ Die Schläue und Sensibilität dieses Kindes machen mich ganz schwach!!!

Lachen

Es gibt unterschiedliche Versionen von Lachen. Schon durch die verbale Unterscheidung in Lächeln, Lachen, Gelächter, Kichern, Erheiterung, Glucksen etc. wird deutlich, dass Lachen nicht gleich Lachen ist – und auch nicht dasselbe mit uns macht.

Es gibt eine Sorte, die mag ich besonders: Das ist ein Lachen, gegen das man sich nicht wehren kann, das den ganzen Körper erfasst und einen hilflos zurück lässt. Ich habe das selten, meist auch nicht besonders vorhersehbar, aber jedes Mal genieße ich es – und fühle mich darin total jung, wie ein Kind. Vielleicht ist es deshalb so schön, weil es beinhaltet, dass man nicht zuständig, nicht vernünftig, nicht kontrolliert, sondern reichlich enthemmt und unbeherrscht ist.

Meine eigenen Kinder betrachten mich, wenn es soweit ist, immer mit einer gewissen Skepsis – wie Mama im Rausch oder so. Passt irgendwie nicht zu einem Erwachsenen und würde auch nicht zu einem 16-Jährigen passen: Der hätte sich besser im Griff, das würde ihm nicht passieren, so weit würde er es nicht kommen lassen. Vielleicht ist dieses ganz bestimmte, infantile, ungebremste Lachen in einem Menschen das beste Zeichen, dass er Kindheit und Jugend und auch frühes Erwachsenenalter erfolgreich abgeschlossen hat. Ab Mitte 40 (oder wann auch immer) ist einem nicht mehr so viel peinlich.