Konsequenz

Eine unserer Töchter diskutiert mit ihren Freunden über Erziehungsmaßnahmen. Manche finden einen Klaps in Ordnung und sind sich einig: Er war jedes Mal berechtigt, schnell vorbei und nie wirklich schmerzhaft – ein unmissverständliches `Bis hierher und nicht weiter´.

Andere sind total dagegen, Kinder `zu schlagen´ – was natürlich auch gleich viel brutaler klingt. Für sie scheinen nur zwei Extreme zu existieren: geduldig eingesetzte belehrende Worte oder willkürlich vollstreckte Prügelstrafe. Irgendwelche Schattierungen greifbarer Konsequenz? Fehlanzeige.

„Was haben eure Eltern denn gemacht, wenn ihr zum Beispiel abends nicht leise wart?“, will meine Tochter wissen. Ein Mädchen erzählt, dass sie früher immer Angst vor einem Handwerker hatte. War sie ungehorsam, hieß es daher, dieser Mann würde `gleich kommen´ – und der Vater stapfte langsam und schweren Schrittes die Treppe hoch. Auch noch einen Tag später ist mein Kind entsetzt und verwundert: „Und das finden sie besser, wenn ihnen Angst gemacht wird? Ich fass es nicht!“

Oder, nicht ganz so schlimm, aber dafür unlogisch: Stubenarrest unterschiedlicher (vorab nicht berechenbarer) Länge. Das sei zwar nicht so ein `Psycho-Ding´, findet meine Tochter – und trotzdem: Was genau lerne ich, wenn ich allein zu Hause sitze, weil es in der Schule nicht läuft oder ich mich nicht an Regeln halte?

Im Nachhinein ist unsere Tochter höchst zufrieden, dass wir sie weder zu Hause `eingesperrt´ noch `mit ihrem Kopf rumgemacht´ haben. Der eine oder andere Klaps sorgte für Respekt – und kurze Zeit später für so manches heimliche Lachen.

Aufschieberitis und ihre Folgen

Eine meiner Töchter verschiebt Schul-Aufgaben gern nach hinten, wenn sie andere wichtige Dinge zu tun hat – also eigentlich fast immer. Am Ende gerät sie dann regelmäßig unter Zeitdruck und muss last minute alles geben. In Sachen Zeitmanagement besteht noch Luft nach oben. Ich als Mutter weiß, dass sie daran wahrscheinlich nur dann etwas ändert, wenn es zu unbequem wird: wenn sie merkt, dass sich die Suppe nur schwer auslöffeln lässt, die sie sich eingebrockt hat. Von daher wäre es aus erzieherischer Sicht konsequenter, meine Tochter mit den Folgen ihres Handelns allein zu lassen.

Dennoch gab es unlängst wieder einen Fall, bei dem ich unterstützend zum Löffel gegriffen habe – sozusagen: Ich half ihr beim Korrekturlesen ihrer Facharbeit, nur Stunden vor der fälligen Abgabe. Pädagogisch war das vielleicht unklug, auf der Beziehungsebene meinem Empfinden nach weise. Manchmal bin ich als Mutter lieber barmherzig als belehrend – wissend, dass eine andere wichtige Lektion fürs Leben dadurch besser hängenbleibt: Zugewandte Gnade ist eine liebevolle Alternative zu distanzierter Konsequenz – und wahrscheinlich oft eindrücklicher.