Ich
bin kein politischer Mensch, ich beobachte die Lage in der Welt eher
mit einer schlichten Allerwelts-Schlauheit. Politische Zusammenhänge
sind mir nicht klar, politisches Kalkül keine Sache, die ich
durchschaue. Politik ist mir zu komplex, das können andere besser.
Es
fällt mir sogar schwer, politische Entscheidungen zu bewerten: Dass
die Briten aus der EU austreten wollen, kann ich weder begründet
nachvollziehen noch ablehnen – ich finde es einfach nur schade. Sie
mögen ihre Gründe haben. Es macht jedoch eher den Eindruck, die
Entscheidung für den Brexit geht auf das Konto einiger weniger:
Diese Leute nutzten in einem unbedachten Augenblick die Schwächen
einer funktionierenden Demokratie aus. Es gelang ihnen, einem latent
wütenden und beeinflussbaren Teil dieses ansonsten entspannten und
humorvollen Volkes Macht und eine Stimme zu geben. Dies mündete in
einer spontanen, reichlich unüberlegten Entscheidung. Mit deren
komplizierten Folgen müssen jetzt nicht nur die Briten leben,
sondern ganz Europa. Heerscharen von Abgeordneten beschäftigen sich
seit Jahren mit einem zu lösenden „gordischen Knoten“, den es
vor dem Brexit-Referendum überhaupt nicht gab.
In den letzten Monaten und Wochen beobachte ich aus der Ferne, wie Politiker den mit dem Brexit verbundenen Kollateralschaden möglichst in Grenzen halten wollten. Hin und her, Verhandlungen hier und da, Kommentare von dem oder der. Dann die – für mich so nicht absehbare – Niederlage von Theresa May und ihr Rücktritt. Danach die Wahl von Boris Johnson: Ausgerechnet derjenige, der für das ganze Schlamassel federführend (mit) verantwortlich ist, soll es jetzt richten? Offenbar befürworten doch mehr Briten, als ich dachte, den Austritt aus der EU.
Wie es dann aber so ist: Johnson verhält sich so offensichtlich unpolitisch – wenig kompromissbereit und vor allem sehr Ich-orientiert -, dass selbst britische Politiker es nicht mehr aushalten und ihm die Gefolgschaft verweigern. Das macht die Sache nicht einfacher, eher komplizierter. Das Parlament ist zerstritten, der Brexit – wie auch immer – schwieriger realisierbar als je zuvor. Aber es gibt mir meinen Glauben an die Politik zurück, vielleicht sogar an die Demokratie. In einer solchen sollten Leute am Ruder sein, die mutig genug sind, kluge Entscheidungen um des großen Ganzen willen zu treffen. Dafür müssen sie komplex denken und weitsichtig handeln können sowie bereit und in der Lage sein, ihre eigenen Interessen in den Hintergrund zu stellen, um den Menschen zu dienen, die sie gewählt haben. Im Fall der Briten beobachte ich weiter aus der Ferne, wie sie hoffentlich von „unlösbar kompliziert“ zurück zu „komplex, aber machbar“ kommen.