Ich war in „Das perfekte Geheimnis“, ein neuer deutscher Film mit Starbesetzung. Im Trailer wurde angedeutet, dass einige Dialoge unter der Gürtellinie angesiedelt sein würden – trotzdem wollte ich den Film sehen. Ich hatte die Thematik so verstanden: Jeder hat ein digitales Handgerät. Nach außen hin tun wir so, als wäre es nur eine praktische Organisationshilfe in unserem Leben. De facto ist es das Tor zu unserer überaus schützenswerten Privatsphäre – die wir mit niemandem teilen wollen. Wir geben das nur nicht so gern zu.
Natürlich weiß ich, dass es Geheimnisse gibt; es wäre komisch, würde jeder alles mit jedem teilen. Es variiert, wo wir diese „privaten“ Gedanken aufbewahren – im Handy, im Tagebuch, in unserem Hirn. Ich war also gespannt darauf, welche Geheimnisse zur Sprache kommen würden: Ansichten zum Umgang mit straffälligen Jugendlichen (oder Flüchtlingen), die bisweilen anstrengend langsame Rechtssprechung in unserem Land, Zukunftsängste, frappierende Verdienstunterschiede, Positionen zu Amerika – oder gar zu Israel, das Klima?
Mir war klar, dass es auch um Intimes gehen würde. DAS hatte ich dem Trailer entnommen. Letztlich kamen wenige andere Themen zur Sprache: Brustvergrößerung, „Ich will Mama sein, trau mich aber nicht“ sowie ein kleiner Exkurs zu Homosexualität. Aber sonst? Ging es fast ausschließlich um SEX – in (für mich) zu deutlicher Sprache. Das fand ich schade. Abgesehen davon, dass mich vulgäre Sprache eher abstößt als amüsiert, dachte ich: Reden Menschen heute wirklich so? Gibt es keine anderen Geheimnisse als die, wer außerhalb seiner festen Beziehung mit wem intim ist beziehungsweise digital die Nähe sucht, die ihm analog fehlt? Können wir sonst über alles reden?
Mannomann.
Ich kann mir vorstellen, dass selbst in der vertrautesten Gruppe bestimmte Themen vermintes Gelände sind: Politik, die persönliche Weltanschauung oder Minderwertigkeitsgefühle. Überzeugungen liegen oft weit auseinander, und wir gelangen mit unserer Toleranz schnell an unsere Grenzen. Aber ein Film, der sich diesen Geheimnissen wenigstens ansatzweise gewidmet hätte, wäre aus meiner Sicht deutlich interessanter, herausfordernder und inspirierender gewesen. (Aber vielleicht nicht so erfolgreich …)