Mähdrescher-Amüsement

Ich sehe meinen ersten Mähdrescher in diesem Sommer; es staubt und riecht typisch nach trockenem Getreide. Gibt es eigentlich Bauern mit Heuschnupfen?, frage ich mich. Sofort denke ich an mein Arbeitsjahr nach dem Abitur: Im zweiten Sommer saß ich selbst auf dem Mähdrescher und half bei der Getreide-Ernte – manchmal, bis es schon dunkel war. In den Fahrerhäusern staubte es nicht viel weniger als draußen; außerdem sind Mähdrescher sehr laut. Nach diesen langen Tagen waren wir verschwitzt, dreckig und k.o. Trotzdem sprangen wir nicht direkt unter die Dusche, sondern meist erst in einen Kiesteich: erfrischen, abspülen und den Arbeitstag ausklingen lassen. Bei jungen Leute ist auch nach viel Pflicht noch genügend Energie für Amüsement vorhanden. Über einige Wochen ging das so; Regentage waren als Pause zwar willkommen – aber wegen des dreschreifen Getreides dann doch wieder nicht. Es ist befriedigender, die Ernte einzubringen, als zu sehen, wie ein heftiges Sommergewitter sie ruiniert.

Fast hätte ich Lust, noch einmal auf einen Mähdrescher zu steigen; ich könnte das schnell wieder lernen, schätze ich. Allerdings wäre ich wahrscheinlich nicht mehr für den Kiesteich zu haben: Nach viel Pflicht lockt mich heute weniger das Amüsement und dafür mehr das Bett.

Erntezeit

Früher – und für Bauern heute noch – bestand das Leben zum großen Teil aus harter Arbeit. Es war nicht nur bestimmt von Aussaat und Ernte: Dazwischen lagen Wochen oder Monate der Pflege. Erst am Ende dieser Zeit stand die Ernte dessen, was man gesät, gedüngt und gewässert und worum man sich gekümmert hatte. Erntezeiten waren deshalb Feierzeiten und sind es noch – wir erinnern uns daran mit dem Erntedankfest am ersten Sonntag im Oktober. Die Zeit des Wachsens und Gedeihens geht vorüber, der Winter naht. Zu ernten ist auch Arbeit, aber nicht nur: Sie ist auch der sichtbare Erfolg langer Mühen. Dem Ernten wohnt die Freude über das Ergebnis inne, das motiviert. Die Ernte zu verzehren macht dankbar.

Ähnliches gilt für das Leben. Lernen oder üben kommt immer vor Können – beim Laufen und Sprechen ebenso wie im Sport oder in der Schule. Jeder Erfolg, alles Selbstgemachte erfordert Kraft, Geduld, Zeit und Vorbereitung: Wenn man Kalender gestalten und verschenken will, muss man vorher Fotos sichten. Das Anschauen, Sortieren und Auswählen dauert Stunden und ist eine mühselige Arbeit. So schön viele Fotos sind, so viele weniger brauchbare sind dazwischen. Auf halber Strecke verlässt einen die Lust am Tun, aber man macht trotzdem weiter. Dann sind die Vorbereitungen abgeschlossen und sie ist da – die Zeit der Ernte: Mit einer guten Foto-Auswahl ist es keine mühselige Arbeit mehr, einen Kalender zu gestalten. Diesem Tun wohnt die Freude über das Ergebnis inne, das motiviert. Der fertige Kalender macht dankbar.

PS: Selber kaufen ist nicht dasselbe …