(Nicht) gut vorbereitet?

Wir als Eltern können und wissen eine Menge und bringen unseren Kinder alles Mögliche bei: Radfahren, Schwimmen, sprechen, höflich sein. Sie erlernen Musikinstrumente und wissen, dass niemand gern unterbrochen wird. Auch wenn sie es ungern zugeben, können sie gesunde Ernährung von `junk food´ unterscheiden – und eine Mahlzeit zu sich nehmen, ohne dass den Umsitzenden schlecht wird. Sie treiben Sport, gehen zur Schule, verdienen sich etwas zum Taschengeld dazu usw. Und natürlich stehen wir ihnen (wenn erwünscht) mit Rat und Tat zur Seite; wir wollen sie vorbereiten auf ein selbstständiges Leben. 

Ich bin sicher, dass Kinder sehr viel mitnehmen von dem, was wir als Eltern ihnen `aktiv beibringen´: Gutes und weniger Gutes, Fertigkeiten und Verhaltensmuster. Dennoch gibt es Erfahrungen, auf die wir sie trotz aller unserer Mühen nicht vorbereiten und vor denen wir sie nicht bewahren können. Wie sich beispielsweise andere Menschen ihnen gegenüber verhalten, liegt weder in unserer Hand noch existiert eine Pauschallösung für herausfordernde Beziehungen.

Wir alle werden im Leben enttäuscht – von anderen, aber auch von uns selbst. Manchmal reicht es eben nicht aus, viel zu wissen und zu können: Einige emotionale Wunden sind unvermeidlich. Deshalb ist es gut, wenn Kinder erleben, dass auch Erwachsene manchmal unfähig und ratlos sind – und dass das nicht das Ende ist. Diese Wahrheit bereitet sie vielleicht besser auf ein selbstständiges Leben vor als die Illusion, auf alles eine Antwort zu haben.

Enttäuscht oder dankbar

Einen alten Freund will ich besuchen. Er wohnt weit entfernt am anderen Ende von Deutschland – in der Nähe von zwei anderen alten Weggefährten. Ich fahre nicht gern so weit, raffe mich aber dennoch auf und frage alle drei, ob sie Zeit haben: `Damit es sich lohnt´. Voller Vorfreude fahre ich los. Zwei Begegnungen werden wunderbar – vertraut, belebend, die Freundschaften auffrischend. Das dritte Treffen verläuft unter erschwerten Bedingungen. Es ist ausgerechnet die Begegnung, der ich am meisten entgegen gefiebert hatte. Die Bilanz könnte trotzdem positiv sein; aber zunächst bin ich eher enttäuscht als dankbar. Das ist schade, aber so muss es nicht bleiben: Es liegt an mir, welchem Gefühl ich langfristig mehr Raum gebe – und wie sich das Wochenende in meiner Erinnerung anfühlen wird.