Australisches Brot?

Eine Familie, die ich letztes Jahr in Australien besuchte, backte ihr eigenes Brot, mit Sauerteig und Körnern – dem, was wir in Deutschland gewohnt sind, sehr ähnlich. In Australien aß ich allerdings meistens Porridge und nur sehr selten Brot. Trotzdem brachte ich mir das Rezept mit, war aber skeptisch, ob ich dem `it´s very easy´ meines Freundes Bruce glauben konnte. Meine bisherige Erfahrung mit Sauerteigrezepten lief eher unter: erfordert Übung und kann leicht schiefgehen.

Seit fast zehn Monaten bin ich wieder hier und backe selbst Brot, mindestens eins pro Woche. Bruce hat recht: Das Rezept ist einfach; das Brot gelingt jedes Mal und schmeckt; mein Brot-Back-Selbstbewusstsein ist erheblich gestiegen.

Seit 2014 gehört deutsche Brotkultur für die UNESCO zum immateriellen Kulturerbe – weil wir so viele und so tolle Brotsorten haben wie kein Land sonst auf der Welt. Bei Australien dagegen fällt einem eher Vegemite ein oder Meat Pie und, wenn schon Brot, dann ist das eher hell, luftig und nährstoffarm. Mein Haupt-Mitbringsel ist daher eine paradoxe Inspiration: Ich backe deutsches Brot nach `australischem´ Rezept!

Abgekoppelt?

Eine Hausaufgabe meines Sohnes – dritte Klasse – machte mir in erschreckender Weise bewusst, dass wir unsere Kinder abkoppeln vom deutschen Allgemein-Bildungsgut. Märchen finden bei uns nicht statt. Demnach erkannte er auch nur Hänsel und Gretel anhand von „zwei Geschwister begegnen im Wald einer Hexe“; bei Rotkäppchen war er trotz „ein Mädchen mit einem roten Käppchen will seine Großmutter besuchen und trifft auf einen Wolf“ ahnungslos, der „Frosch, den die Prinzessin gegen die Wand warf“, tat ihm eher leid… Bildungsauftrag nicht erfüllt, würde ich sagen. Dabei liegt dem gar keine bewusste Entscheidung gegen Märchen zugrunde: Ich fand und finde einfach andere Geschichten schöner zum Vorlesen. Kann ich und muss ich da etwas nachholen? Kommt man auch ohne Märchen-Wissen durch ein deutsches Leben? Was ist das überhaupt, was macht ein deutsches Leben aus? Was gehört traditionellerweise noch dazu?

Heute beim Abendbrot kam das Gespräch auf Tanzstunde. In den Klassen der beiden großen Jungen (neunte und zehnte Klasse) gehen ihrer Einschätzung nach „ganz viele“ zur Tanzstunde. Der Älteste: „Ich habe dazu keine Lust, denn ihr würdet mich da sicher in Jeans und Turnschuhen hinschicken, keinen Anzug oder so, ihr seid minimalistisch.“

Abgehängt? Sind unsere Kinder abgehängt, weil uns derartige Dinge nicht wichtig sind? Sind wir abgehängt? Unsere eigenen Tanzstunden-Erinnerungen sind – verglichen mit heutigen Standards – eher schräg: tatsächlich Jogginghose und Turnschuhe beziehungsweise ein Tanzpartner, der zu musikalisch für den Viervierteltakt war… Außerdem lässt sich mittlerweile eine gewisse Hüftsteife nicht leugnen; und so viel Gelegenheit, unsere vor Jahrzehnten gelernten Tanzschritte regelmäßig zu üben, bietet sich in unserem Alltag nicht. Lieber machen wir etwas anderes… Laufen, lesen, spazieren gehen.

Das Thema scheint uns nun doch einzuholen: In ein paar Jahren – wenn nichts dazwischen kommt – macht der Große Abitur. Heutzutage muss man beim Abiball mindestens einen Walzer hinlegen, wenn nicht drei Viertel des Abends als Paar auf der Tanzfläche verbringen können. Oje! Davon sind wir weit entfernt; und wir sind ihm ohnehin schon oft peinlich, weil wir angeblich so anders ticken als die normalen Eltern seiner Freunde.

Eine Lösung muss her – aber nicht jetzt. Wir schieben das auf: Ein Crashkurs zwei Wochen vor dem Ereignis muss reichen. Improvisation passt besser zu uns als das mühselige Herumgequäle in einem Tanzkurs für alte Anfänger. Einen Abend schaffen wir dann schon.