Gespräche laufen besser, wenn man sich gegenseitig ausreden lässt: erst reden, dann zuhören, dann antworten. Leider wird heutzutage in Talkshows genau das Gegenteil praktiziert. Obwohl das wahrscheinlich alle Teilnehmer nervt und noch dazu die Zuschauer am heimischen Bildschirm, scheint es selten anders zu gehen – was vielleicht mit Einschaltquoten zu tun hat.
In der schriftlichen Konversation ist das Nacheinander einfacher zu praktizieren: Wenn ich einen Brief erhalte, ist der andere `fertig´; ich kann zwar zügig antworten, ihm aber nicht `ins Wort schreiben´. Selbst schnell übertragene Mails laufen nach dem Schema: erst schreiben, dann lesen, dann antworten.
Unterhaltungen per SMS, WhatsApp, Threema etc. sind eine Mischung: persönlichen Gesprächen im Tempo sehr ähnlich, aber schriftlich geführt. Sie eignen sich hervorragend für den schnellen Austausch zwischendurch – und leider auch wunderbar zum Unterbrechen: Da diese Kurznachrichtendienste vor allem für spontane Mitteilungen genutzt werden, versendet man leichter auch Gedanken, die vielleicht nicht gut überlegt und vor allem nicht fertig gedacht sind. Mir geht es jedenfalls so. Dann `lege ich nach´ und schreibe den nächsten Gedanken direkt hinterher – und versende ihn ebenso. Gleichzeitig trudelt aber manchmal schon die erste Antwort meines Gegenübers ein. Daraus entwickelt sich bisweilen ein lustiges Hin-und-Her-Geschnattere am Handy: schreiben (1), schreiben (2), lesen (1), antworten (auf 1), lesen (2), schreiben (3 auf Antwort 1), antworten (auf 2), lesen (3), antworten (auf 3) …
Sich digital `ins Wort zu schreiben´, überfordert nach kürzester Zeit auch den versiertesten Kommunikator. Ich verliere dabei schnell den Überblick und breche ab – oder rufe den anderen an. Sich im persönlichen Gespräch ins Wort zu fallen, ist ebenso unübersichtlich und außerdem ziemlich unhöflich – übrigens auch in Talkshows.