Kurze Frage – lange Antwort

„Wie geht es dir?“ ist eine Frage, die ich mit einem Wort nur unzureichend beantworten kann. „Gut“, könnte ich sagen, und es wäre die Wahrheit: Wem geht es so gut wie mir? Ich habe von allem genug oder sogar mehr. Andererseits finde ich sicherlich immer etwas, was mir gerade nicht 100-prozentig behagt. Ebenso zutreffend wäre also: „Gerade nicht so gut.“ Ich nenne das dann zwar `Jammern auf hohem Niveau´, aber ein bisschen meine ich es doch auch ernst. Die Wahrheit liegt wie so oft irgendwo dazwischen. Wenn ich diese in einem Wort zusammenfassen soll, käme „Durchwachsen!“ heraus – treffend, aber nicht besonders aufschlussreich. Wer mehr wissen will, muss nachfragen und Zeit mitbringen.

Frage und Antwort (2)

In der Begegnung mit Prominenten, Politikern oder anderen Berühmtheiten meines Alters zischt mir die Frage durch den Kopf: „Warum ist der (oder die) Bundestagsabgeordneter, Vorstandsvorsitzende, berühmter Schauspieler oder Koryphäe auf seinem Wissensgebiet – und ich nicht?“

Ich finde keine Antwort – weder spontan noch nach längerer Überlegung; es hätte ebensogut mich `treffen´ können, eine ganz andere (beziehungsweise überhaupt eine bemerkenswerte) Laufbahn einzuschlagen. Stattdessen überlege ich: „Bin ich glücklich mit dem, was ich habe und bin?“ Solange ich diese Frage mit einem `Ja´ beantworte – wie zaghaft auch immer –, ist die andere Antwort nicht so wichtig.

Frage und Antwort

Wir schreiben eine Mail an einen Bundestagsabgeordneten unseres Wahlkreise. Darin schildern wir, wie wir als Bürger die Corona-Politik der Regierung empfinden, und formulieren konkrete Fragen.

Zwei Tage später erhalten wir eine Antwort. Der Abgeordnete (oder sein Mail-Schreiber) bezieht sich nicht konkret auf unsere Fragen, sondern verliert sich in allgemeinen Aussagen. Um unsere Anliegen geht es nicht; wir fühlen uns nicht gehört oder gesehen.

Es ist schön, dass wir eine Antwort erhalten haben – und irgendwie doch nicht. Der Inhalt enttäuscht uns und bestätigt zweierlei: Zum einen können Politiker viel reden, ohne etwas zu sagen. Zum anderen scheinen sie sich nicht wirklich für die Fragen von Bürgern zu interessieren.

Normalerweise ist es gut, wenn eine Mail beantwortet wird. DIESE Antwort hat wahrscheinlich niemandem und nichts so richtig gut getan …

Keine Antwort!

Vor ein paar Wochen unterhielt ich mich mit einer Freundin – es war besonders persönlich und offen. Kurz danach schrieb ich ihr einen Brief, der ohne Antwort bliebt. So etwas kommt oft vor, ich kenne das. Trotzdem wundert es mich immer wieder – und verunsichert mich. Denn: Der Wunsch nach einer Antwort ist so fest in mir verankert wie das Bedürfnis, selbst auf eine persönliche Anfrage zu reagieren. So `ticke´ ich. 

Ich sollte mich damit abfinden: Ein Mensch, der antwortet, ist die Ausnahme; ein schnell antwortender Mensch ist eine Sternstunde. Dabei können wir ungleich mehr Kommunikationswege nutzen als jemals zuvor.

Der Brief stirbt aus und ich kann nichts dagegen tun. Seit es digital geht, schreibt kaum noch jemand mit der Hand. Stattdessen nutzen wir: Telefon, Kurz- oder Sprachnachricht, Mail oder das gute alte persönliche Gespräch. Damit könnte ich leben; womit ich schlecht zurechtkomme, ist – Schweigen auf allen Kanälen.

Ein paar Wochen später frage ich nach. Meine Freundin entschuldigt sich wortreich per Kurznachricht. Untergegangen sei mein Brief in den Ereignissen der vergangenen Zeit, obwohl er danach „schreit, dass wir weiter denken und uns stundenlang austauschen“. Es wird nicht dazu kommen, ich ahne es. Zu viel passiert in unseren Leben. Vielleicht auch zu viel, was wichtiger ist als der Austausch darüber, was unsere Seele beschäftigt und warum. Die Fülle des Alltags verhindert, innezuhalten und zu reflektieren. Ich finde es schade, aber das ist ein anderes Thema.

Ohne Antwort

Meine Briefe bleiben heutzutage in der Regel ohne Antwort, kaum einer meiner (Brief-)Freunde schreibt zurück. Es ist viel leichter und schneller und mit weniger Aufwand möglich, über andere Kommunikationswege miteinander in Kontakt zu treten. Allerdings: Fürs Telefonieren scheint nie der richtige Zeitpunkt zu sein; private Mails werden ebenso unzuverlässig beantwortet wie Briefe – sie gehen unter in der Flut der digitalen Informationen; auch SMS verhallen bei „ganz modernen Menschen“ ungelesen. Das einzig Wahre sind angeblich WhatsApp-Nachrichten. Ich habe keine Erfahrung damit, ob diese noch zwingend beantwortet werden – ich nutze diesen Messenger-Dienst nicht. Es gibt jedoch Menschen, die sich diesbezüglich sehr um mich bemühen und versichern, auf eine WhatsApp-Nachricht von mir würden sie sofort reagieren. Ob ich das glauben kann?

Noch wehre ich mich, noch verweigere ich mich. Ich will nicht derart vernetzt sein. Da bleibe ich doch lieber ohne Antwort. Selbst Schuld.