Sanftmut

„Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Keuschheit.“
Galater 5, 22

Ich höre eine Predigt von Timothy Keller, einem amerikanischen Theologen, der vergangenes Jahr gestorben ist. Es geht um die Frucht des Geistes, nämlich Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Keuschheit. Laut Timothy Keller ist das ein bunter Blumenstrauß großartiger Eigenschaften. Sie sind in jedem Christen vorhanden, sagt er, allerdings unterschiedlich stark ausgeprägt. Jeder könne sich fragen, in welchem Charakterzug er am meisten Luft nach oben sieht.

Ich denke eine Weile darüber nach. Verglichen zu früher bin ich sicher geduldiger geworden und gelassener (habe deutlich mehr inneren Frieden), vor allem in Bezug auf Dinge, die ich nicht kontrollieren kann. Wachstumspotential sehe ich unter anderem bei Sanftmut, dieser schwer greifbaren Wesensart: sich selbst zurücknehmend, wohlwollend und gnädig umzugehen mit der Andersartigkeit seiner Mitmenschen. Zwar bin ich längst nicht mehr so schnell auf 180 wie vor zwanzig Jahren, aber Sanftmütigkeit ist noch immer nicht `mein Gefährt´.

Ich erzähle meinem Mann davon; insgeheim wünschte ich mir den Zuspruch, ich sei viel zu kritisch mit mir. Aber er ist wie immer ehrlich, lächelt und bestätigt meine nicht ganz so angenehme Selbsterkenntnis. Gleichzeitig vermittelt er, dass er mich sehr liebt. Ohne Parallelen ziehen zu wollen: Gott sieht mich ebenso. Ich könnte mich also zurücklehnen, wissend, dass ich halt so bin – in bestimmten Fragen mit Luft nach oben. Aber interessanterweise motiviert mich genau diese sanftmütige Akzeptanz dazu, mich selbst genau in dieser Richtung weiterzuentwickeln.

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