Kein Problem!

Zwei Kinder sind eine Woche im Zeltlager. Als sie wiederkommen, türmen sich die Wäscheberge. Auch die nicht getragenen Klamotten müssen gewaschen werden: Alles riecht entweder rauchig oder muffig. Obwohl ich es geahnt hatte, bin ich überwältigt von der Masse der Klamotten, die zwei Personen in einer Woche „verschmutzen“ können: Oh je!

Ich habe eine Waschmaschine, das Wetter ist ganz passabel. Eine Erinnerung an meine Oma kommt hoch: Sie hatte einen Waschkessel in einem Nebengebäude, mit Waschbrett. Ich verbiete mir jegliches „Oh je!“ und denke stattdessen: „Kein Problem!“

Alt, aber nicht tot

Mein alter Wanderrucksack ist 28 Jahre alt. Damals brauchte ich ihn für einen längeren Auslandsaufenthalt und nutzte ihn danach noch einige Jahre für Reisen und die seltenen Pendelfahrten zwischen alter Heimat und Studienort. In den vergangenen 20 Jahre war ich nicht mehr mit ihm unterwegs.

Dieses Frühjahr fiel mir der Rucksack beim Entrümpeln in die Hände: Abgestoßene Ecken, ausgeblichene Farbe, ein leicht lädierter Innenraum und vor allem die Tatsache, dass ich das Ding zwei Jahrzehnte nicht benutzt hatte, besiegelten sein Schicksal: Weg damit. Alles, was wir aussortieren – weggeben, verkaufen, oder wegwerfen – wird gesammelt und landet normalerweise im Keller. Dort fand ihn mein Mann und dachte sich: „Behalten wir! Kann man immer mal gebrauchen.“ Vor zwei Wochen packten unsere zwei Töchter für eine 7-Tage Pfadfinder-Fahrt. Die über die Jahre angeschafften (kleinen bis mittelgroßen) Wanderrucksäcken erwiesen sich als völlig unzureichend. Der „Kann man immer mal gebrauchen“-Rucksack dagegen löste ein „Wunderbar, Mama, den nehmen wir!“ aus.

Sowas nennt man wohl „gelungene Wiederbelebung“!

Der genauso alte Schlafsack von besagtem Auslandsaufenthalt wird ebenfalls in schöner Regelmäßigkeit benutzt. Nur die Wanderschuhe aus der Zeit sind schon einige Jahre im „Ausrüstungs-Himmel“…

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

Mein Sohn hat einen Rüffel bekommen (nicht von mir!), weil er sich nicht an eine Abmachung gehalten hat. Für ihn war seine Grenzüberschreitung eine kleine Sache; die empfangene Schelte kam ihm überzogen vor. Die ganze Sache ist kein Drama, aber mein Sohn ist wütend und artikuliert das auch – mir gegenüber.

Ich bin ratlos, wie ich reagieren soll, empfinde seine Wut als dem Vorfall unangemessen. Eine Weile höre ich mir an, wie er sich über die „ungerechte Strafe“ aufregt. Offenbar sucht er bei mir auch nach Bestätigung seiner Sicht: „Wie blöd ist das denn?“ Ich weiß nicht und werfe einen Satz ein, den ich von meiner Oma gelernt habe: „Liebe Seele hab` Geduld, es haben alle beide Schuld.“

Ganz falsch. „Immer schlägst du dich auf die Seite der anderen, nie stehst du einfach nur zu mir“, ist die prompte Reaktion meines Sohnes, und das Gespräch ist vorbei.

Was wäre besser gewesen? Nach einer Weile dämmert`s mir: Gar nichts zu sagen. Ich hätte es wissen können: „Hör mir zu und sag nichts“ ist genau das, was ich mir oft als Reaktion wünsche. Für „Hör mir zu und sag was“ brauche ich meist ein paar Tage in der Schmoll-Ecke.

Kräftemessen

Zwei zehnjährige Jungen spielen im Garten, spielen Fußball, tauchen im Pool ab und wieder auf – und laufen um die Wette: „Du bist bestimmt schneller, ich kann nicht so schnell rennen“, sagt mein Sohn. Häh? Abgesehen davon, dass er den anderen Jungen nicht gut kennt: Mein Sohn weiß, dass er selbst sehr flink ist. Er hat das schon oft erlebt, wir haben es schon häufig bestätigt. Warum sagt er das? Möchte er bescheiden oder freundlich sein oder den Konkurrenten in Sicherheit wiegen? Ich weiß es nicht.

Sie laufen um die Wette, mein Sohn gewinnt (knapp). Glücklicherweise kostet er den Sieg nicht lautstark aus. Anschließend spielen sie fröhlich weiter zusammen. Jungen brauchen den Wettbewerb…

Wie sieht das aus?

Ich fahre zu einer Freundin, weil sie mich in einem Internet-Programm schulen will. Meinen Laptop nehme ich mit. Zwar weiß ich nicht, ob ich das Gerät brauche; aber ich könnte die verbleibende Zeit für einen Schreibauftrag nutzen. Im Zug packe ich das Gerät nicht aus. Zu sehr habe ich die Befürchtung, nach „Ich bin wichtig!“ auszusehen.

Wie wenig mir die Meinung anderer (mir unbekannter!) Menschen egal ist – erschreckend!

Freihändig

Bis vor drei Tagen war freihändiges Fahrradfahren für meinen jüngsten Sohn eine angestrebte, aber nicht beherrschte Tätigkeit. Er hatte bis dato viel darüber geredet, wie schön es doch wäre, das zu können; den Lenker versuchsweise loszulassen – dazu fehlte der Mut. Wochenlanges „Wieso kann ich das nicht? Das lerne ich nie!“ musste ich mir anhören und dachte und sagte: „Das lernst du noch, es ist nur eine Frage der Übung. Du musst einfach mal loslassen.“

Vorgestern probierte er es aus, ganz vorsichtig, Hände immer in der Nähe der Griffe. Ein, vielleicht zwei Sekunden schaffte er auf Anhieb, mehr nicht.

Zwei Tage später ist er „der Pro“, die Hände machen, was sie wollen, der Lenker lässt sich schließlich auch durch Verlagerung des Rumpfgewichtes dirigieren. Freihändig auf dem Rad zu fahren, das merkt er, ist keine große Sache. Die Angst davor war größer.

Sprachlos, aber verständlich

Vor Jahren besuchte ich einen todkranken Menschen im Krankenhaus. Im Vorfeld hatte ich mir die Zeit für Anfahrt und Begegnung freigeschaufelt. Als ich endlich dort war – fehlten mir die Worte. Was bespricht man mit jemandem, der dem Tod ins Auge sieht? Für „wird schon wieder“ war die Lage zu ernst; einem Lebewohl stand die klitzekleine Hoffnung auf Heilung entgegen. Es war schwierig für uns beide; mit seiner Sprachlosigkeit hatte ich gerechnet, auf meine eigene war ich nicht vorbereitet. Als der Mensch in mir schwieg – „flüchtete“ ich mich ins Gebet und wurde beschenkt: mit Worten und Nähe zu Gott und dem Kranken. Wir spürten, dass Gott hört und versteht.

Regelmäßig treffe ich mich zum Gebet mit einer Freundin. Bei unseren Treffen geht es nicht um Fürbitte, es geht uns um Jesus selbst. Wir wollen ihn anbeten und seiner Gegenwart Raum geben in uns. Es läuft nicht immer gleich. Vor ein paar Tagen mitten in diesem Gebet – fehlten mir die Worte. Was sagt mein Verstand im Angesicht eines Gottes, der allmächtig, allwissend, allgegenwärtig ist, sich nahbar gemacht hat durch die Menschwerdung seines Sohnes und trotzdem ein großes Geheimnis bleibt? Als mein Mund schwieg – „redete“ mein Herz. Wir spürten, dass Gott hört und versteht.

Vögel fliegen – ich staune!

„Herr, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter.“
Psalm 104, 24

Der Sibirische Goldregenpfeier ist klein, er wiegt nur 200 Gramm. Er lebt in Alaska und fliegt zum Überwintern nach Hawaii: 4.500 Kilometer ohne Pause. Dafür braucht er drei Tage – aber nur, wenn er sich vorher exakt 70 Gramm Energiereserve in Form von Fett angefressen hat. Zusätzlich MUSS er in Keilformation mit vielen anderen fliegen (Windschatten) und genau wissen, wo Hawaii liegt. Sonst würde er irgendwo in den Pazifik stürzen: Dort gibt es nicht so viele alternative Landeplätze.

Heute stand in der Zeitung, dass eine Uferschnepfe in 55 Stunden von Niedersachsen aus nach Zentralafrika geflogen ist – mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 74 Stundenkilometer. Die Uferschnepfe ist kein besonders kleiner Vogel, aber sie ist auch kein Adler. Sie ist eher langbeinig und schmal: Man sieht ihr die Kraft nicht an, die sie braucht, um derart pfeilschnell durch die Luft zu jagen.

Über den Dächern von Heidelberg – zumindest über dem Dach meiner Freundin – gibt es jede Menge Mauersegler. Sie sind ständig unterwegs, umfliegen die Kirchtürme und Häuser, hin und her, hoch und runter. Es sieht spielerisch aus und zweckfrei. Natürlich müssen sie auch fressen und schlafen; aber das alles scheinen sie nebenbei zu tun: Ornithologen haben herausgefunden, dass Mauersegler zehn Monate am Stück fliegen können! Nur in der Brutzeit machen sie kurz Pause.

„Groß sind die Werke des Herrn; wer sie erforscht, der hat Freude daran.“
Psalm 111, 2

Gentleman

What is a gentleman? It`s an old word and it seems not to be used anymore – perhaps it describes an almost extinct species. That`s sad!!!!

It may be so that there are not many gentlemen around anymore, at least not in the usual sense of the word. I don`t know. Surely there are some men around who behave like a gentleman:

They might
offer someone a seat,
invite a woman to the movies (or for dinner),
acknowledge the authority of elder people,
use their strength for the weak among us,
open the door for women,
be discreet,
avoid yelling, interrupting or bullying,
encourage and help people,
and some more.

But all of that is not most important for me.

For me gentlemen should
ask for someone else`s opinion,
show interest in other people`s interests,
put their own needs behind the needs of other`s,
be patient and merciful with the slower and dumber one`s (without them noticing it!),
leave a humble impression,
listen carefully,
and some more.

For me a gentleman should be gentle.

Erster – und zweiter – Eindruck

In der Bahn begegnete mir letztens ein freundlicher Mann ungefähr in meinem Alter. Er las ein deutsches Buch, fragte, ob bei mir noch Platz sei, setzte sich und schaute mich ab und an lächelnd an. Erster Eindruck – sympathisch. Als er ausgestiegen war, sah ich ihn über den Bahnsteig davongehen, ganz in Ruhe. Wie nebenbei spuckte er – deutlich sichtbar – mit einer leichten Drehung des Kopfes links von sich auf den Bahnsteig, ohne sein Tempo zu verlangsamen. Ich schaute betreten weg: Ich finde Spucken absolut eklig. Es gehört nicht nur nicht zu meinem Verhaltensrepertoire, sondern ich stehe diesem Tun eher von Grund auf ablehnend gegenüber. Weder sehe ich einen Sinn darin, noch finde ich, man sollte diesen sehr privaten Akt seinen Mitmenschen zumuten.

Meine Abneigung ist sicherlich zu hundert Prozent gelernt; nirgendwo gibt es ein allgemeingültiges Gesetz, das Spucken wertet. Wahrscheinlich mag es keiner, wenn ihm vor die Füße oder gar ins Gesicht gespuckt wird – das ist ganz objektiv verwerflich. Aber das Ausspucken an sich gehört in manchen Kulturen einfach dazu. Strenggläubigen Moslems beispielsweise wird es während des Ramadans sogar vorgeschrieben, weil sie tagsüber weder etwas essen, noch überhaupt etwas hinunterschlucken dürfen. (Allerdings war der Ramadan während meiner Zugfahrt schon einige Wochen vorbei.)

Dieser freundliche Mensch spuckte also auf den Bahnsteig. Ich weiß nichts über ihn, aber dieses Ausspucken schmälerte den ersten (oberflächlichen, aber positiven) Eindruck erheblich: Er war bis dato ein in meinen Augen angenehmer Mitreisender gewesen, er war und ist vielleicht ein wirklich sehr netter Mensch, eher still und immerhin ein Leser(!!!). Zu all dem passte das Spucken nicht. In der Öffentlichkeit zu spucken, würde mir nicht in den Sinn kommen; es ist – für mich – ein No-Go: Nicht einmal beim Laufen finde ich es nötig oder gar schön, allerhöchstens verzeihlich. Im Grunde sagt das demonstrative Ausspucken nichts über den Charakter dieses Menschen, gar nichts. Trotzdem bekam er von mir beim zweiten Eindruck Sympathie-Punkte abgezogen …