Gespräch, fortlaufend und improvisiert

Die Kundin vor mir packt ihre Waren ein und spricht nebenbei mit der Kassiererin – es geht um Urlaub. Die Frau an der Kasse hatte schon im Juni ein paar Tage frei und wird im September nach Usedom fahren. Sie würden die Räder mitnehmen, sagt sie und: „Hauptsache trocken.“ Mittlerweile bin ich aufgerückt und erwähne, dass sich das Wetter an der See ja immer sehr schnell ändern würde, manchmal auch zum Guten.

Die Kundin vor mir zieht los; das Gespräch läuft weiter. Ich erwähne unsere diesjährige Route nach Rügen. „Wir fahren auch immer so“, sagt die Kassiererin, „bis Ludwigslust auf der Landstraße, dann weiter auf der A20.“ Das sei so entspannt. Ich nicke und bezahle. Die Kundin nach mir schaltet sich ein und sagt, dass man bis Ludwigslust erstmal kommen müsse.

Was noch gesagt wird, höre ich nicht mehr; ich steige aus. Das Gespräch läuft weiter – mit einer gewissen Eigendynamik. Es ist ein bisschen wie im Improvisations-Theater: mit der Kassiererin als dem einzigen festen Ensemblemitglied.

Objektiv, weil blind

Orchester wählen ihre Musiker durch Vorspielen aus – klar, wie soll man sonst entscheiden, ob der oder die `Neue´ zur Gruppe passt. Weil es mehr Bewerber als freie Plätze gibt und damit es möglichst gerecht zugeht, finden heutzutage manchmal `blind auditions´ statt: ein Vorspielen hinter dem Vorhang. Nur so kann man einigermaßen sicherstellen, dass der Klang beurteilt wird und damit das Vermögen des Kandidaten – aber nicht, wie alt derjenige ist und wie attraktiv oder von welcher Uni er kommt. Bei Musik-Talentwettbewerben läuft es manchmal ähnlich: erst dem Kandidaten zuhören, bevor die Jury ihn oder sie zu Gesicht bekommt. Das Ziel ist in beiden Fällen, möglichst unvoreingenommen bewerten zu können.

Kürzlich erfuhr ich, dass auch junge Hengste sich einem Auswahlprogramm stellen müssen, um in der Zucht `mitspielen´ zu dürfen: Körung – Hengstleistungsprüfung – Zuchthengst, so lautet hierzulande die Reihenfolge. Wer die erste Stufe, die Körung, nicht schafft, ist raus. Dabei geht es um grundsätzliche Gesundheit und bestimmte körperliche Anlagen: wie er denn aussieht, der junge Hengst, sich bewegt usw. usf. Die Leute, die dann über `gekört´ oder `nicht gekört´ befinden, sehen aber eben nicht nur ein beliebiges junges Pferd. Aus den Papieren wissen sie auch, wem es gehört und ob es schon erfolgreiche Geschwister hatte. Ob sich die Richter von diesen Informationen ganz frei machen und ein wirklich objektives Urteil fällen können, ist zumindest fraglich. Einziger Ausweg: `blind auditions´ für junge Hengste! 

Ernüchtert

Ich laufe und turne regelmäßig und halte mich deshalb für muskulär gut aufgestellt und belastbar. Im Endergebnis kann ich stundenlang Wasser schöpfen (ungewohnte Haltung), spüre anschließend meinen Rücken kaum und fühle mich bestätigt in meiner positiven Körperwahrnehmung.

Eine Woche sitze ich stundenlang auf einem Büro-Stuhl (ungewohnte Haltung). Am darauffolgenden Wochenende kann ich im Endergebnis weder lange sitzen noch stehen – schon gar nicht stundenlang. Die Wärmflasche im Kreuz ist mein liebster Begleiter; ich bin vollkommen ernüchtert hinsichtlich meiner zu positiven Körperwahrnehmung. 

Ich werde in Zukunft sehr wahrscheinlich weniger mit gefluteten Kellern zu tun haben als mit Büroarbeit: Ich sollte also Übungen finden, die mich auf diese bislang ungewohnte Haltung besser vorbereiten als die bisherigen!