In Kontakt bleiben

In den 80er Jahren im ländlichen Raum nahe Potsdam: Wir haben Telefon, aber das nutzt einem manchmal gar nichts, weil so viele andere kein Telefon haben. Briefe von Kleinmachnow nach Ziesar brauchen circa fünf Tage – in der Zeit könnte man die Strecke auch zu Fuß zurücklegen. Mehrmals. Wir schreiben trotzdem Briefe.

1991 in Australien: Überall Telefonzellen; mit einer Visa- oder Mastercard kann man sich um die Unmengen an Kleingeld drücken, die man bräuchte, um nach Deutschland zu telefonieren. Nach 50 Dollar wird man automatisch unterbrochen – gut für den Geldbeutel. Meine vollfotografierten Filme habe ich mit der Post unentwickelt nach Deutschland geschickt – die lieben Verwandten haben dann mit leichter Verzögerung nacherleben können, was mir so passiert ist.

1994 in Tansania – Dar-es-Salaam: Irgendwo in einer Art Telefoncenter morgens ein Gespräch nach Deutschland angemeldet, stundenlang auf ein Durchkommen gewartet, abends wieder abgemeldet. Briefe dauern drei Wochen. Als ich in Tegel lande, erwarten meine Eltern eine zum Skelett abgemagerte Afrika-Reisende, dabei war mein vor Wochen im Brief erwähnter Durchfall schon längst wieder Geschichte.

1998 in Deutschland: „Fernbeziehung“ zwischen Heidelberg und Celle. Briefe dauern in der Regel einen Tag (und man schreibt sie immer noch), Telefonieren ist vergleichsweise teuer – Telefonkarten für die noch existierenden Telefonzellen sind in verschiedenen Preis-Kategorien erhältlich: Ich nehme immer die `ganz teuren´ für 50 DM und verbrauche mehrere im Monat.

2017 in Deutschland: Telefonzellen sind über die Jahre verschwunden. Manche Leute haben überhaupt keinen Festnetzanschluss mehr! Postboten bringen hauptsächlich Rechnungen oder Werbe-Dinge, selten Postkarten – gehäuft meist um Geburtstage oder Weihnachten herum. Briefe brauchen noch immer einen Tag – wenn nicht, regen wir uns auf. Telefone sind weniger zum Telefonieren da als zum Kommunizieren in anderer Form. ALLES wird geteilt, sofort und immerzu, meist mit Foto. Haben wir deshalb jetzt mehr Kontakt?

Heiliger Rasen

Einer unserer entfernten Nachbarn pflegte letztens seinen Rasen, ganze 30 Quadratmeter. „Mein Rasen ist mir heilig, da investiere ich richtig, da wächst kein Unkraut drin…“ Aha.

Eine Freundin von mir findet Kochen kreativ und entspannend. Macht sie ab und an mal am Wochenende, dann aber richtig.

Und ich? Mähe unsere 500 Quadratmeter Rasen oder lasse sie von den Söhnen mähen – jedesmal unter sportlichen Gesichtspunkten, um mich oder sie zu motivieren. Mehr Pflege bekommt der Rasen nicht: Ich bin froh über jede Ecke, die nicht englisch ist und schnell nachwächst, sondern vermoost und bei wenig Regen von allein kurz bleibt.

Ich koche auch, manchmal sogar gern. Jeden Tag für sieben Personen, fünf davon noch im Wachstum. Manchmal habe ich mehr Lust, manchmal weniger. Meist geht es darum, in weniger als einer Stunde ein Essen zu kreieren, das alle satt macht, den meisten schmeckt, mehr oder weniger gesund ist und nicht Unmengen kostet. Kreativ? Weniger, eher pragmatisch.

Was schließe ich daraus? Wir sind, was wir sind, und wir gewichten, wie wir gewichten, weil unsere Umstände uns dazu bringen. Ein geringer Teil ist die Persönlichkeit, die wir mitbringen; der wahrscheinlich deutlich größere Aspekt wird bestimmt von den Gegebenheiten, in und mit denen wir leben. Das zu wissen, könnte relativieren, wie absolut die Aussagen sind, die wir treffen.

Lachen

Es gibt unterschiedliche Versionen von Lachen. Schon durch die verbale Unterscheidung in Lächeln, Lachen, Gelächter, Kichern, Erheiterung, Glucksen etc. wird deutlich, dass Lachen nicht gleich Lachen ist – und auch nicht dasselbe mit uns macht.

Es gibt eine Sorte, die mag ich besonders: Das ist ein Lachen, gegen das man sich nicht wehren kann, das den ganzen Körper erfasst und einen hilflos zurück lässt. Ich habe das selten, meist auch nicht besonders vorhersehbar, aber jedes Mal genieße ich es – und fühle mich darin total jung, wie ein Kind. Vielleicht ist es deshalb so schön, weil es beinhaltet, dass man nicht zuständig, nicht vernünftig, nicht kontrolliert, sondern reichlich enthemmt und unbeherrscht ist.

Meine eigenen Kinder betrachten mich, wenn es soweit ist, immer mit einer gewissen Skepsis – wie Mama im Rausch oder so. Passt irgendwie nicht zu einem Erwachsenen und würde auch nicht zu einem 16-Jährigen passen: Der hätte sich besser im Griff, das würde ihm nicht passieren, so weit würde er es nicht kommen lassen. Vielleicht ist dieses ganz bestimmte, infantile, ungebremste Lachen in einem Menschen das beste Zeichen, dass er Kindheit und Jugend und auch frühes Erwachsenenalter erfolgreich abgeschlossen hat. Ab Mitte 40 (oder wann auch immer) ist einem nicht mehr so viel peinlich.