Eine Freundin von weit weg fragt, ob sie für ein paar Tage bei uns wohnen und von hier aus eine Konferenz besuchen kann. Ihre Mail erwischt mich in einem ungünstigen Moment: Wir haben drei intensive Wochen mit einigen extra Ereignissen hinter uns und fühlen uns ausgelaugt. Erst am Wochenende sprachen wir darüber, dass wir unser Programm bewusster beschränken müssen. Meine spontaner erster Gedanke lautet daher: `Nein.´
Ich rede mit meinem Mann darüber; für ihn ist die Sache weniger eindeutig. Letztlich einigen wir uns darauf, dass ich einen Kompromiss vorschlage: treffen ja, aber kürzer. Wie sage ich meiner Freundin, dass mir ihr Besuch zu viel ist – zumindest so, wie sie ihn sich vorstellt? Es fällt mir schwer, die richtigen Worte zu finden, aber irgendwann schicke ich die Mail ab.
Ein paar Stunden später auf dem Sofa halte ich meine Entscheidung noch immer für gut – und komme mir dennoch brutal vor. Es ist nicht so leicht, die Erwartung eines anderen zu enttäuschen. Schließlich ist sie meine Freundin! Für wen sonst würde ich gern mein Haus öffnen? Andererseits: Wer, wenn nicht eine Freundin, kann eine ehrliche Antwort aushalten und hat diese auch verdient?