Abgelaufen

Ein Mindesthaltbarkeitsdatum ist eine gute Sache. Wer abgelaufene Lebensmittel isst, kann krank werden; wenn Batterien oder Akkus lange liegen, verlieren sie einiges ihrer Leistung; andere Materialien werden mit der Zeit brüchig oder porös. Deshalb ist es nicht nur bei Lebensmitteln gut zu wissen, bis wann man etwas verbrauchen oder benutzen sollte.

Kürzlich war ich bei einer Erste-Hilfe-Schulung. Wir übten verschiedenen Verbände, um im Ernstfall nicht nur theoretisch zu wissen, wie das geht: eine stark blutende Wunde behandeln. Auch Verbandsmaterial hat ein Ablaufdatum, erfuhr ich. Bei sterilen Kompressen leuchtet mir das ein – offenbar kann Sterilität nachlassen. Mullbinden oder anderes nicht steriles Zeug ist ungefähr 20 Jahre haltbar, auf jeden Fall begrenzt. Entsprechend sollten wir all das zum Üben benutzte Verbandsmaterial in den Müll werfen. Mir fiel das schwer – und es passt nicht zu der Nachhaltigkeit, über die alle immerzu reden.

Also nahm ich meine Übungsmaterialien nach der Schulung mit nach Hause. Ich brauche nur sehr selten Verbandszeug; der Inhalt meiner privaten Hausapotheke hat sicher schon längst das Verfallsdatum überschritten. Das interessiert mich nur mäßig. Beim nächsten verstauchten Knöchel oder einer stark oder weniger stark blutenden Wunde bin ich ausgestattet. 

Wichtig? Unbedingt!

Es kommt nur sehr selten vor, dass ich den Geburtstag eines Freundes vorüberziehen lasse, ohne handschriftlich zu gratulieren – das ist mir wichtig. Ich selbst freue mich sehr über echte Post und denke, dass es anderen auch so geht. Einige Rückmeldungen geben mir recht.

Durch verschiedene Extras in den vergangenen drei Wochen sind mir zwei Geburtstage durchgerutscht. `Ach, egal´, denke ich für einen kurzen Moment, `dann lasse ich es eben dieses Jahr´. Aber dann schreibe ich doch, verspätet – so what? Ich möchte mich nicht von einer vorübergehenden Fülle des Lebens abhalten lassen von etwas, was mir wichtig ist.

Eine meiner Töchter und ein Sohn schreiben meinem Mann zum Geburtstag; die anderen gratulieren per Video-Call: alles sehr individuell und wertschätzend. Diese konkreten Geburtstagsgrüße berühren ihn – sie sind ihm wichtiger, als Geschenke es je sein könnten.

Nicht aus dem Glas …

Ich mache Abendbrot: Kartoffeln schälen … Zwiebeln, Knoblauch und Rauchenden anbraten … Grünkohl aus dem Glas dazu … „Im Urlaub kochen wir, aber richtig: Da gibt´s kein Gemüse aus dem Glas, sondern alles ist ganz frisch“, rauscht es durch meinen Kopf. Wer hat mir das nur erzählt, frage ich mich und weiß, dass ich in dem Moment leicht betreten schwieg. Denn ich kann nicht mithalten mit so viel zeitraubender Kreativität.

Kochen ist nicht meine Leidenschaft, sondern ein super Mittel zum Zweck der Verköstigung meiner Familie. Seit 25 Jahren sitzen – bis auf sehr seltene Ausnahmen auch im Urlaub – täglich zwei bis sieben Personen bei uns am Esstisch und haben Hunger. Fertiggerichte gibt es so gut wie nie. Aber in den seltenen Fällen, in denen Grün- oder Rotkohl serviert werden, kommen diese aus dem Glas und Linsen oft aus der Dose. `Nicht aus dem Urschleim´, nennt meine Mutter das, und ich bin dankbar, dass ich es mir – ohne schlechtes Gewissen – leichter machen kann als zum Beispiel meine Großmütter.

Geschmacklich mag `alles ganz frisch´ etwas anderes sein, das gebe ich zu. Vielleicht probiere ich es irgendwann mal aus, wenn ich ganz viel Zeit habe …

Mitbeschäftigt

Eins unserer Kinder leiht sich unser Auto, um einige Dinge aus der bisherigen Wohnung zu transportieren und bei uns zwischenzulagern: nach Hause kommen und die Autositze ausbauen, mit dem Auto wieder los, am nächsten Tag mit zwei Ladungen wieder herkommen, Autositze wieder rein. Dann will es eine Nacht hier übernachten und mit zwei Taschen und einem Rucksack per Zug aufbrechen in eine neue Stadt. Im Grunde ist ja nur das Kind beschäftigt; klingt also überschaubar für uns.

So ganz stimmt es nicht: Autositze auf der Terrasse abdecken, Umzugskram im Haus unterbringen, zwei Leute mehr als sonst da (Kind bringt einen Freund und dessen Zeug gleich mit). Die beiden sind ausgehungert, müde und erschöpft. Bevor sie am nächsten Tag fahren, sortieren ihre einzulagernden Schätze um und packen ihre Taschen: `Scotty, bitte einmal quer durch die Republik beamen´ wäre eine traumhafte Alternative. Geht leider nicht, also ab zum Bahnhof und weg sind sie – fast. Nicht mehr mit dem Umzug des Kindes beschäftigt bin ich erst, als es sich Stunden später aus der neuen Interimsheimat meldet.