Abends wird es früh dunkel; um halb neun gehe ich in den Garten und schaue nach oben. Ich würde gern das Kreuz des Südens entdecken; es gelingt mir nicht. Später erfahre ich, dass es zur Zeit erst gegen Mitternacht am Himmel auftauchen wird. Meine Sternensuche ist dennoch nicht umsonst, sondern offenbart mir ein Meer aus glitzernden Lichtern – buchstäblich. Je mehr sich mein Auge an die Dunkelheit gewöhnt, umso mehr Sterne kann ich sehen: zählen zwecklos. Zwar erkenne ich keine Sternzeichen, dafür aber einige sehr helle und sehr, sehr viel `normal´ helle Sterne. Im Umkreis von 15 Kilometern leuchtet hier keine Laterne. Der Himmel präsentiert sich entsprechend: unbeschreiblich, überwältigend und sehr, sehr schön.
Sehr beliebt – so oder so
Ich befinde mich etwa drei Autostunden westlich von Brisbane. In Bezug auf die Größe des Kontinents verbringe ich meine Tage sozusagen fast direkt an der Küste. Unter anderem fahren wir in einen Nationalpark: 75 Quadratkilometer groß. Dieser war bisher über eine sogenannte `dirt road´, eine unbefestigte Sandstraße, erreichbar. Neuerdings ist sie asphaltiert; meine Freundin staunt und freut sich: Schließlich sei der Park `very popular´, sehr beliebt.
Für mich wirkt die Straße verlassen – auf den letzten 15 Kilometern begegnet uns kein einziges Auto. Angekommen stehen drei andere Fahrzeuge auf dem Parkplatz. „Very popular?“, frage ich. Ja, die Australier liebten ihre Nationalparks zu Tode, höre ich. In den Ferien oder an den Wochenenden sei hier viel los. Ich kann mir ungefähr vorstellen, wie überschaubar sich die Besucher auf den 75 Quadratkilometern verteilen.
Man kann sich in den Alpen ebenso verlaufen wie im Watt; beide Orte sind sehr groß und man hört keinen Straßenlärm. Der Unterschied zu Australien ist dennoch offensichtlich: Straßen zu sehr beliebten Ausflugszielen sind bei uns nie leer oder verlassen und Parkplätze meist eher voll – nicht nur in den Ferien und an den Wochenenden.
Keine Kulisse
Das ist keine Kulisse für einen Film über Amerikas Westen im frühen 20. Jahrhundert, sondern Realität in Teilen Queenslands, Australien – heute.
Nicht so einfach
Im Osten geht die Sonne auf, im Süden nimmt sie ihren Lauf, im Westen wird sie untergeh´n, im Norden ist sie nie zu seh´n. Für Australien (und die gesamte Südhalbkugel) gilt fast dasselbe: Nur Norden und Süden sind vertauscht. Theoretisch ist mir das vollkommen klar. Praktisch brauche ich noch immer eine Weile, mich zu orientieren. Es ist interessant, wie gut wir zu Hause zurechtkommen – und wie schwierig es in der Fremde ist.
Abenteuer Einbruch
Die `Nachbarin´ meiner Freunde hier kommt spontan vorbei; sie hat sich aus ihrem Haus ausgeschlossen. Ob wir wohl kommen, durchs Fenster bei ihr einsteigen und die Tür von innen öffnen könnten. Gut dass ich da bin: Die Leiter vor dem Fenster hat nur drei Stufen, von der obersten aus ist der Fenstersims noch immer ungefähr auf Brusthöhe. Ich springe und schiebe mich umständlich und kopfüber ins Haus – und komme mir vor wie Pippi Langstrumpf. Die beiden Damen, die mir von unten zuschauen, lachen sich kaputt.
Hinterher sitzen wir in der Küche und reden. Die 76-jährige Hausbesitzerin wirkt ganz vergnügt und zufrieden, ist aber fast taub und offensichtlich überfordert: Im Haus herrscht komplette Unordnung; es müsste dringend geputzt und alles von außen und innen gestrichen werden. Der Garten befindet sich in einem ähnlich vernachlässigten Zustand. Nach einer halben Stunde fahren wir wieder nach Hause; ich bewundere, wie einfach und zurückgezogen die Menschen `hier draußen´ leben.
Später sprechen wir darüber, welche Abenteuer mir geboten werden: mein erster Haus-Einbruch – und voraussichtlich auch mein letzter.
Vom Schweigen
„Wenn du nicht auf das hörst, was Menschen zu sagen haben, wirst du irgendwann von Menschen umgeben sein, die nichts zu sagen haben.“ Dieser schlaue Satz ist nicht von mir, kam mir aber heute in den Sinn. Denn ich war mit jemandem unterwegs, der sehr viel (oder zu viel) zu sagen hatte. Nicht nur, dass mir das Zuhören zunehmend schwer fiel; mir verging auch die Lust, mich selbst zu äußern. Ich hätte nichts dagegen gehabt, ein bisschen gemeinsam zu schweigen.
Wie sagt mein Mann gern und oft zutreffend: Nicht jeder hat die Gabe der wenigen Worte …
Unfassbar
Ein neuer Krieg beherrscht die Schlagzeilen – und er begann nicht am 7. Oktober. Die Ursachen dafür liegen weiter zurück und sind vielschichtiger, als irgendwer noch in Worte fassen kann. Die Meinungen zum Konflikt zwischen Israel und Palästina gehen weit auseinander. Es geht nur an der Oberfläche darum, wer wie unabhängig ist oder wer welches Land mit welchen Methoden besetzt (hat). Zugrunde liegt ein unfassbarer und grundsätzlicher Hass auf die Juden – egal ob der Einzelne überhaupt gläubig ist oder nicht. Dieser ist für mich nicht nachvollziehbar oder gar zu rechtfertigen. Aber selbst wenn ich nicht per se eine tiefe Verbindung zu den Juden (auch in Israel) verspüren würde: Ich kann nicht verstehen, wie man das brutale und willkürliche Vorgehen der Hamas auch nur ansatzweise verstehen und damit relativieren kann.
Einheimisch
In Deutschland wimmelt es von Hasen, Kaninchen und Rehen. Meist springen und laufen sie davon, wenn wir ihren Weg kreuzen. Sie sind einheimisch – ich auch: Selbst wenn ich sie immer nur von hinten oder aus der Ferne sehe, brauche ich kein Foto von ihnen.
Hier wimmelt es von Kängurus; meist hüpfen sie davon, wenn ich ihren Weg kreuze. Sie sind einheimisch – ich nicht: Deshalb freue ich mich, dass mir ein Foto gelingt.
Zum Staunen
Für manche kommt die Milch aus dem Tetrapak und das Fleisch aus der Kühlabteilung im Supermarkt.
Andere lieben ihren Hund abgöttisch, springen aber beim Anblick einer Spinne auf den nächsten Stuhl.
Hier bin ich mit Menschen zusammen, die darüber staunen, welche Vielfalt `die Natur erschaffen´ hat: Tiere und Pflanzen, die wunderbar angepasst sind und sich tarnen können oder hoch spezialisiert sind.
Ich staune ebenso: Gott hat alles erschaffen, sich alles wunderbar ausgedacht, jedem Tier und jeder Pflanze einen Platz und eine Rolle/Aufgabe gegeben. Die Natur ist wunderbar, ja, aber Gott ist ihr Schöpfer.
Kur
Ortswechsel, Kost und Logis vorhanden, eine klare Tagesstruktur sowie Einzel- und Gruppengespräche nach Bedarf, unberührte Natur vor der Haustür, praktische und kreative Möglichkeiten der Betätigung, Zeit für Stille, Gebet und Reflexion …
Ich bin zur Kur – auf eigene Kosten.