Pfingsten

Es ist Pfingsten; ich bin im Gottesdienst für die Moderation eingeteilt und bereite mich darauf vor. Ob alle, die mir am Samstag `Frohe Pfingsten!´ gewünscht haben, wissen, was wir an diesem Wochenende feiern? 50 Tage nach Jesu Tod schickte Gott den Jüngern seinen Heiligen Geist, den `Tröster´, wie es in Johannes 14, 26 heißt. Viele Menschen erkannten dadurch Jesus als ihren Retter und ließen sich taufen: Pfingsten gilt als der Geburtstag der Kirche.

Am Sonntagmorgen auf dem Weg in die Gemeinde summe ich vor mich hin: „Oh komm, du Geist der Wahrheit und kehre bei uns ein … – ein wunderschönes altes Pfingstlied. Ich komme an einem Open-Air-Gottesdienst vorbei und erfahre musikalische Unterstützung: „… Verbreite Licht und Klarheit, verbanne Trug und Schein. Gieß aus dein heilig Feuer, rühr´ Herz und Lippen an, dass jeglicher Getreuer den Herrn bekennen kann!“ Im wahrsten Sinne des Wortes bestens eingestimmt gehe ich in unserer eigenen Gemeinde nach vorn und begrüße zum Pfingstgottesdienst!

Starr oder flexibel

Meine Tochter macht eine Exkursion mit ihrer Klasse. Ein Schüler erscheint nicht pünktlich am Bus, und wird angeschrieben: Er hat verschlafen, versichert aber, sich jetzt schnell auf den Weg zu machen. Dieser Schüler schwänzt nie und hat – im Gegensatz zu vielen anderen – tatsächlich Lust auf diesen Ausflug in die Naturwissenschaft. Die Lehrerin wartet drei Minuten über die Zeit und bricht dann mit dem Rest der Klasse auf; der verspätete Schüler verpasst den Bus. Dieser starre Umgang mit Pünktlichkeit wirft einen dunklen Schatten auf diese ansonsten sehr schöne Tugend und hilft zudem keinem Menschen. Wie schade!

In der Schule wird eine Klausur geschrieben; als Entschuldigung gilt nur ein ärztliches Attest. Zwei Schüler erscheinen nicht: Einer hat Covid-19, der andere ist ein Flüchtling, der aus anderen Gründen nicht erscheinen kann. Der Lehrer lässt beide nachschreiben – auch ohne ärztliches Attest. Dieser flexible Umgang mit einer Regel entwertet dieselbe nicht und hilft noch dazu den beiden Menschen. Wie schön!

Mir fällt die Geschichte von Jesus ein; seine Jünger raufen am Sabbat Ähren aus (und essen die Körner). Für die Pharisäer sieht das wie Arbeit aus: „Wie können sie nur!“, denken und sagen sie dann auch – in anklagendem Ton. Sie mögen Jesus nicht und suchen ständig nach etwas, das sie ihm `ankreiden´ können. Und was antwortet Jesus, der die Regeln besser kennt, aber auch barmherziger ist als jeder Pharisäer? „Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbat willen.“ (Markus 2, 27) Wie wahr!

Vermeintlich?

In einem Gespräch über mein Studium formuliert meine Mutter, das mit meiner Berufswahl sei ja `komplett in die Hose gegangen´. Sie meint damit nicht, dass ich es schlecht abgeschlossen hätte – aber ich habe nie in diesem Beruf gearbeitet. Dennoch erscheint mir ihre Bewertung etwas krass; ich sehe es (mittlerweile) ganz anders: Wege sind nicht erst dann erfolgreich beschritten, wenn wir ein bestimmtes, vorher anvisiertes Ziel durch sie erreichen. All meine Schritte bisher (auch die vermeintlich erfolglosen) haben mich zu der gemacht, die ich bin – und für das befähigt, was ich jetzt tue.

Eine Freundin von mir ist Kinderärztin und arbeitet seit über 20 Jahren als Assistenzärztin in verschiedenen Krankenhäusern. Kaum einer tut das so lange, die meisten zweigen vorher ab – in Richtung Oberärztin oder Chefärztin –, steigen in eine Praxis ein oder eröffnen selbst eine. Meine Freundin macht das, was sie macht, sehr gut; sie hat keine Ambitionen, Oberärztin zu werden. Dennoch spürt sie manchmal sehr deutlich, dass sie dem `normalen Karriereweg´ kaum entspricht. Aber all ihre Schritte bisher (auch die vermeintlich erfolglosen) haben sie zu der gemacht, die sie ist: erfahren, lebensfroh, unkompliziert und sehr unprätentiös.

Es ist gut, ein Ziel zu haben und dieses dann auch zu erreichen. Mindestens genauso gut ist es, den Platz gut auszufüllen, an dem man sich eben gerade befindet. Das kann ein anerkannter Beruf sein, eine Beförderung, ein Titel oder ein bestimmtes Zertifikat, aber auch das 08/15-Leben einer nicht berufstätigen Hausfrau und Mutter. Nicht hilfreich ist es (wie immer), wenn wir den eigenen Erfolg daran messen, was andere – mit derselben Ausbildung, in demselben Alter – vermeintlich alles erreicht haben. (Und ich weiß, dass meine Mutter das bestätigen würde.)

Untragbar?

Ich suche nach einem Kleid; in den Geschäften gibt es viele – aber keins für mich: zu knallige Farben, zu aufdringliche Muster und (fast ausnahmslos) unförmige Schnitte. Diese Attribute gelten offenbar nicht nur für Kleider; und diese Art Mode scheint nicht nur für mich untragbar zu sein: Draußen auf der Straße läuft niemand in Outfits herum, die in den Läden als `aktuell und modisch´ angeboten werden.

Ich frage mich: Was passiert mit all den untragbaren Kleidungsstücken, die in den Läden hängen, aber im täglichen Leben auf der Straße nicht vorkommen? Und wo bekomme ich ein ganz normales tragbares Kleid?