Glauben

„Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“
Hebräer 11, 1

Überzeugt und ohne Zweifel: Ich glaube an einen Gott, der allmächtig, allgegenwärtig, gütig, barmherzig, gerecht und liebevoll ist.

Die greifbarste Verbindung zwischen Gott und mir ist das Gebet. Egal, ob ich für bestimmte Anliegen bete – für Versöhnung, um Heilung, für Gelingen – oder es um meine seelische Befindlichkeit geht: Ich wünsche mir eine Antwort. Wird mein Gebet in der von mir erwarteten Weise erhört – alles super. Gebetserhörungen stärken meinen Glauben.

Was aber, wenn die Antwort anders ausfällt, als ich es mir vorgestellt hatte? Darf Gott mir unverständlich bleiben, sich mir entziehen und meine Wünsche (scheinbar oder tatsächlich) nicht erfüllen? Schwächt das meinen Glauben? 

Zaghaft und meiner selbst nicht sicher: Ich glaube an einen Gott, auch wenn ich ihn nicht sehen und verstehen kann, er mir unverständlich eingreift (oder gar nicht) oder meine Gebete nicht nach meinen Vorstellungen erhört.

Die Frage ist weniger, ob ich glaube, dass Gott alles tun kann. Die Frage ist, ob ich glaube, dass er es immer gut mit mir meint – und mich nie allein lässt. „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen“, heißt es an anderer Stelle (Römer 8, 28). ALLE Dinge sind gemeint: auch die nicht erhörten Gebete, die nicht erfüllten Wünsche, die nicht gelungenen Vorhaben und die Pläne, die umsonst waren oder zerstört wurden durch das, was stattdessen geschehen ist. Glauben heißt, weiter zu hoffen und nicht zu (ver)zweifeln, auch wenn sich nichts tut.

Feiertag

Dieses Jahr spüren nicht viele, dass heute ein Feiertag ist – samstags haben die meisten ohnehin frei. Außerdem merkt man in unserer niedersächsischen Kleinstadt kaum, was und warum wir feiern: Hier scheint es egal zu sein, dass Deutschland seit 30 Jahren kein geteiltes Land mehr ist.

Für unsere Familie stimmt das nicht. Denn unsere Ehe wurde erst durch den Mauerfall möglich: Ich bin von „drüben“ und war dabei, als die Grenzen geöffnet wurden. Vor dem 9. November erlebte ich den Frust und die Demonstrationen, danach die Euphorie und den Beginn einer neuen gesamtdeutschen Realität.

All das kann ich unseren Kindern erzählen und dazu meine persönlichen Ost-Erfahrungen. Trotzdem bleibt der Mauerfall für sie ein geschichtliches Ereignis und die deutsche Einheit eine schlichte Tatsache: Sie staunen nicht darüber und bleiben emotional unberührt. Auch ihnen scheint es egal zu sein, dass Deutschland seit 30 Jahren kein geteiltes Land mehr ist.

Vielleicht ist das immer so mit der Vergangenheit, die wir nur vom Hörensagen kennen. Umso wichtiger ist die regelmäßige Erinnerung. Ein Feiertag ist eine gute Möglichkeit. Allerdings sollten wir ihn nicht gedankenlos verstreichen lassen, sondern daran denken, warum es ihn gibt: Deutschland ist seit 30 Jahren kein geteiltes Land mehr.

Warum?

Mein Jüngster fragt, welches meine Lieblingsfächer in der Schule waren. Klare Antwort: Sport, Deutsch, Englisch und mit etwas Abstand Mathe – in der Reihenfolge. Warum habe ich dann nach dem Abitur LANDWIRTSCHAFT studiert? Das kann man sich fragen, das frage ich mich auch oft. Die stark gelenkte Studien- und Berufswahl in der DDR ist sicherlich Teil einer komplexen Antwort. Mein Notendurchschnitt hätte auch andere Studiengänge eröffnet. Aber ich selbst war zu unsicher und zu wenig darauf ausgerichtet, mich meinen Gaben und Neigungen gemäß zu orientieren. Komisch: Es ging schließlich um meine Zukunft; in der DDR spielte der einmal erlernte Job eine wichtige Rolle.

Heute bin ich zufrieden, ohne einen Beruf auszuüben. Es spielt keine Rolle, was auf meinem Diplom steht; ich frage mich nur rhetorisch, warum ich damals nicht etwas anderes wählte.

Alle unsere Kinder lieben Sport, Deutsch, Englisch – und einige von ihnen auch Mathe. Wenn eines von ihnen LANDWIRTSCHAFT studieren möchte, werde ich fragen, warum. Sie werden wahrscheinlich viele Jahre ihres Lebens einem Beruf nachgehen – schön, wenn sie diesen lieben. Es ist nicht planbar, dass ihre Studienwahl so wenig eine Rolle spielen wird wie bei ihrer Mutter.