Vom Sein und vom Tun

Ein Freund von mir ist gerade pensioniert worden. Offiziell arbeitet er nicht mehr; von außen betrachtet hat er allerdings nur die Inhalte getauscht: Die Stunden, in denen er vorher arbeitend beschäftigt war, verbringt er jetzt weiter arbeitend – nur nicht mehr beruflich. Das ist in Ordnung, denn er ist vielfältig interessiert. Schade finde ich jedoch, dass er gestresster wirkt als vor seiner Pensionierung: Zu viele verschiedene Projekte muss er parallel jonglieren.

Ich kenne ihn schon sehr lange, er hat immer viel gearbeitet. Offensichtlich kann er damit nicht einfach aufhören. Was ich am meisten an ihm schätze, hat jedoch weniger mit seinem Beruf zu tun als mit seinen menschlichen Stärken: Er ist ein guter Zuhörer und ein kluger Ratgeber. Daher bedauere ich es, dass er noch immer sehr wenig Zeit hat für diese beiden so wichtigen Gaben. Aus meiner Sicht wäre es schön, er würde in Zukunft mehr sein als tun. Wann, wenn nicht jetzt?

Haben oder Sein

Es ist egal, ob ich viel habe oder wenig; entscheidend ist, ob ich bin.

Unsere Lebenszeit auf dieser Erde ist begrenzt. Wir wissen nur nicht, wann genau sie endet. Manche versuchen deshalb, das Leben zu füllen – koste es, was es wolle: Sie investieren in Besitz, Reisen, spektakuläre Erlebnisse.

(Bauchspeicheldrüsen-)Krebs nivelliert alles. Mit dem konkreten Ende vor Augen verlieren Dinge ihren Reiz. Wir merken, wie kostbar es ist, am Leben zu sein – egal, wie lange. Denn: Auf dieser Erde „haben“ wir immer nur das Jetzt und Hier.