Jäger und Sammler

Ich bin versucht, die Menschen zu kategorisieren. Alle passen in Schubladen – man muss nur genügend Schubladen haben. Zwei Unterteilungen heißen „Jäger“ und „Sammler“, inklusive diverser Mischformen. Ich bin eindeutig aus der ersten Kategorie: „Mama, hast du das Fußball-Trikot von Toni Kroos gesehen?“ „Das war dir doch viel zu klein, das hat dir ja letztes Jahr schon nicht mehr gepasst.“ Ich trage nicht nur aktiv dazu, dass unser Besitz überschaubar bleibt; ich sorge auch dafür, dass wir Platz haben und Raum zum Atmen.

Mein Mann dagegen bewegt sich zwischen beiden Schubladen, er wirft nicht gleich weg, sondern hebt auf: Schrauben, Muttern, Nägel (gern auch sortiert), Holzbretter, Pflastersteine… Ein echter Sammler ist auch er nicht: Mit Grausen erinnert er sich an die Briefmarkensammlung, die er als Teenager von seinem Vater erbte. Das ausschlaggebende Argument heute ist: „Kann man immer mal gebrauchen.“ Und dann kommen sie garantiert irgendwann, diese Momente, in denen er etwas zum Reparieren braucht und sich genau die richtige Schraube, Mutter, das richtige Stück Brett oder der passende Metallkeil findet: Die Freude ist groß.

Beide Ansätze haben ihre Berechtigung – wie immer, auch wenn sie bisweilen kollidieren. Mittlerweile sehen wir, wie unsere Unterschiedlichkeit bereichernd wirkt.

Aus unserer Ehe hervorgegangen sind sowohl „Jäger“ als auch „Jäger mit Aufhebe-Tendenzen“; nur einer schlägt ein wenig aus der Art und ist (bislang?) eindeutig ein „Sammler“: Alte Schuhe ohne vollständige Sohle? „Will ich behalten – als Deko in meinem Zimmer“. Leere Packungen von PEZ-Bonbons, Buttons mit „Polizeiverein Niedersachsen“ oder ähnlichen Aufdrucken, Fußball-, Pokemon-, Ninjago-Sammelkarten? „Kann ich noch gebrauchen, leg ich auf meinen Schreibtisch.“

Als bereichernd erlebe ich das nicht, eher als frustrierend – besonders wenn ich mich in regelmäßigen Abständen durch sein Zimmer arbeite, um Ordnung herzustellen. Ist er dabei, kann ich nur umschichten. Ist er nicht dabei, fliegt auch mal was raus („Mama, hast du … gesehen?“). Verwächst sich das noch? Lässt sich das kanalisieren – und wenn ja, wohin? Kann, muss, sollte mir das einfach egal sein?

PS: Gilt die unter dem mütterlichen Radar angelegte Zusammenstellung leerer Kaugummi-Packungen meiner Tochter auch als Sammelleidenschaft?