Real?

`Be real´ ist eine neue Erfindung der Zeitvernichter: Man fotografiert etwas und richtet gleichzeitig die Kamera auf sich selbst. Die beiden Bilder zusammen sind ein `be real´ – ein Abbild meiner momentanen Realität – und werden für die digitale Gemeinschaft ins Netz gestellt. Es dauert maximal zwei Minuten. Ich finde das weder spannend noch lustig noch besonders real. Ich weiß, wie wenig aussagekräftig ein Foto ohne Kontext ist – und wie mangelhaft eine Momentaufnahme die Gesamtsituation beschreibt. 

„Ich muss noch mein `be real´ für heute machen“, sagt meine Tochter. Dabei spielt sich die Realität fernab ihres Handy-Displays ab – und vorzugsweise in der Zeit, während sie nicht mit einem `be real´ beschäftigt ist.

Real oder fiktiv

Spannende Filme sind nichts für mich: Ich kann sie nicht sehen, ohne mich zu fürchten oder zu erschrecken. Mein Kopf weiß, dass es sich nur um eine Geschichte handelt; mein Gefühl lässt sich dennoch nicht abschalten – auch ohne Special Effects erlebe ich (auch leichte) Spannung als beängstigend. Sogar hervorsehbare Situationen sind mir schnell zu aufregend. Lieber schaue ich nicht hin.

Gute Filme machen so etwas, sie gehen unter die Haut, das soll so sein. Nicht die Trennung von Realität und Fiktion fällt mir schwer. Mir ist schon klar, dass ein Film ein Film ist und nicht die Wahrheit. Ganz real ist aber die Angst in mir, die Aufregung – ich kann sie körperlich spüren. Ist doch komisch. Im wahren Leben würde ich mich nicht als ängstlich und schreckhaft bezeichnen. Was Filme angeht, schon.