Seit einiger Zeit löse ich das ZEIT-Rätsel und schicke meinem Schwiegervater mein Ergebnis per Mail – teilweise mit kleinen Lücken. Gern hilft er mir bei dem, was mir bis zuletzt unklar geblieben ist. Er hat mehr Erfahrung im Um-die-Ecke-Denken und ein breiteres Allgemeinwissen. „Nicht verzweifeln“, schrieb er mir ganz am Anfang und nach meinem dritten gelösten Rätsel: „Du machst dich.“ Vorgestern durchzuckte mich ein Geistesblitz, eine nachträgliche Erklärung für ein Lösungswort, das sich `so ergeben hatte´. Als ich meinen Schwiegervater daran teilhaben ließ, schrieb er zurück: „Eine sehr gute Idee, ich kann viel von dir lernen.“ Der Ritterschlag.
Ausgeknobelt
Für eine Feier soll ich einen Programm-Ablauf zusammenstellen, nur acht Seiten. Es kann so schwer nicht sein, denke ich, und gehe fröhlich ans Werk. Die acht Seiten befinden sich auf zwei ineinander liegenden A4-Blättern, vorn und hinten bedruckt. Die Reihenfolge der Seiten ist daher nicht chronologisch – und vor allem nicht gleich der Reihenfolge im Word-Dokument.
Mit der Zeit bin ich weniger fröhlich als ernsthaft konzentriert und zwischendrin auch mittelprächtig frustriert. Denn so ein Programm-Ablauf erfordert mehr Um-die-Ecke-Denken als das ZEIT-Rätsel, das ich schon dreimal erfolgreich gelöst habe. Daher bleibt diese Woche für letzteres weder Zeit noch Hirn: Ich bin mit meinem Ablauf-Plan buchstäblich stundenlang beschäftigt und am Ende habe ich für meinen Geschmack genug geknobelt. Dass der Rätsel-Stapel wächst, ist nicht zu verhindern. Entweder ich habe nächste Woche wieder frische Energie oder aber Mut zur Lücke – und lasse einfach zwei Rätsel unangetastet.
Ein Rätsel
Von unseren Nachbarn bekommen wir ihre ZEIT – immer eine Woche nach Erscheinen. Ich lese sie gern, aber selektiv. Um das berühmt-berüchtigte ZEIT-Rätsel machte ich bisher immer einen großen Bogen: Es soll so schwer sein. Mein Schwiegervater knobelt jede Woche daran herum – und hat ein viel umfassenderes Allgemeinwissen als ich.
Warum, weiß ich nicht, aber letzte Woche probierte ich es einfach mal aus. Einige Anläufe (etwa drei bis vier Stunden) später habe ich heute tatsächlich fast alles erraten, um die Ecke gedacht beziehungsweise im Netz recherchiert. Zwei Buchstaben eines Wortes am Rande fehlen mir. „Dann kannst du ja jetzt das nächste machen“, sagt mein Schwiegervater am Telefon. Mal sehen, denke ich, vielleicht war das ein absoluter Glücksfall.
Gerade brachte die Nachbarin die neue alte ZEIT. Das Rätsel ist schrecklich leer, denke ich; es ist frustrierend, wieder bei Null anfangen zu müssen. Ich schaue trotzdem rein und weiß sofort, wer Holz splittern und Datenschützer zittern lässt: Hacker natürlich, dafür reicht mein Allgemeinwissen – geradeaus und ohne Google. Vielleicht gibt´s ja einen zweiten Glücksfall; ich schau mal, wie weit ich komme.